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Theater an der Wien
Konzertante Aufführung

16.11.2008

Musikalische Leitungt: Alan Curtis

Il Complesso Barocco

Valentiniano - Max Emanuel Cencic
Fulvia - Ann Hallenberg
Ezio - Sonia Prina
Onoria - Mayuko Karasawa
Massimo - Robert Breault
Varo - Julian Prégardien


„Gluck zum Entdecken
(Dominik Troger)

Glucks „Ezio“, uraufgeführt 1750 in Prag, steht noch ganz im Zeichen der barocken Tradition. Eine konzertante, sehr gut besetzte Aufführung im Theater an der Wien ermöglichte das Kennenlernen dieser Rarität.

Die Handlung vom Heermeister Ezio, der nach einem Sieg über die Hunnen Intrigen des römischen Kaiserhofes zum Opfer fällt, beruht auf einer, unter anderem auch von Händel vertonten Vorlage des Pietro Metastasio. Den Gepflogenheiten der Zeit folgend überlebt Ezio in der Oper die Eifersüchtelein von Kaiser Valentinian, während sein historisches Vorbild im Jahre 454 von demselben gemeuchelt wurde: Etio bekommt seine Fulvia und alles löst sich in Wohlgefallen auf. Er erbitte sogar das Leben von Massimo, der zuvor noch den Kaiser morden wollte. Der Kaiser selbst gewährt Verzeihung, ganz im Stile aufgeklärten Menschentums.

Nicht nur die Handlung verweist auf ein typisch barockes „Opernwerk“: Il Complesso Barocco unter der Leitung von Alan Curtis machten deutlich, wie Nahe hier Gluck noch bei Händel liegt. Rhythmisch akzentuiert und „klassische Regungen“ meidend, wurde man in der Suche nach deutlichen Vorwegnahmen des Gluck’schem Opernreformwerks (1762 mit „Orfeo ed Euridice“ eingeleitet) selten fündig.

Herausstechend war freilich die Arie „Se povero il ruscello“ im ersten Akt, die ausgerechnet der „böse“ Massimo beisteuert und in der Gluck barocke Stereotypen weit hinter sich lässt. Eine träumerische Oboenmelodie und fließende, ein Bächlein imitierende Streicher bilden den Kern dieses Stücks, das Gluck für „Orfeo ed Euridice“ zu dem Arioso des Orfeo, „Che puro ciel“, umgearbeitet hat. Einen Blick in die Zukunft gewährte auch Fulvias Arie im dritten Akt, „Ah non son io che parlo“ in der die heroische Klassik eines Cherubini heraufdämmert.

Die Besetzung bot zum Teil bekannte Qualität. Sonia Prina, wie immer mit feurig-kämpferischem Einsatz, war für den selbstbewussten Feldherrn Etio die richtige Wahl. Ann Hallenberg sorgte mit ihrem runden, langatmigen Mezzo als Fulvia für den das Auditorium einnehmenden weiblichen Anteil. Max Emanuel Cencic sang mit wenig voluminösem, aber charakteristischem Countertenor einen liebeshysterischen Valentiniano. Cencic hat eine bemerkenswerte Stimme, in der Höhe blitzt es auf wie primadonnenhafte Allüre. Sie tauchte diese spätrömische Kaiserfigur in das Licht einer schon etwas überbordenden Dekadenz. Das war sehr reizvoll und gab der Figur einen ganz eigentümlichen Charakter.

Neben diesem „Dreigestirn“ konnten noch zwei junge SängerInnen reüssieren, beide mit vielversprechenden, lyrischen Stimmen: der Sopran Mayuko Karasawa steuerte die Onoria bei, Julian Prégardien die Tenorpartie des Varo. Einzig der Tenor von Robert Breault (Massimo) wirkte dem barocken Stilgefühl schon entwachsen und hatte deutlich Mühe, sich diesbezüglich zu einzuschränken.

Das Publikum war sehr angetan von der Aufführung. Viele leere Plätze erinnerten aber daran, dass Gluck in Wien kein Renner ist. Der Abend dauerte inklusive Pause etwa drei Stunden und ein Viertel.