DANTONS TOD
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Staatsoper
22. Mai 2019

Musikalische Leitung: Michael Boder


Georg Danton - Tomasz Konieczny
Robespierre - Thomas Ebenstein
Camille Desmoulins - Benjamin Bruns
Hérault de Séchelles - Michael Laurenz
Saint -Just - Peter Kellner
Herrmann - Clemens Unterreiner
Simon - Wolfgang Bankl
Ein junger Mensch / Erster Henker -
Wolfram Igor Derntl

Zweiter Henker - Marcus Pelz
Lucile - Olga Bezsmertna
Julie - Szilvia Vörös
Eine Dame - Ildoko Raimondi
Ein Weib - Lydia Rathkolb


Wotan als Danton

(Dominik Troger)

Die französische Revolution ist an der Wiener Staatsoper derzeit groß in Mode. Die „Andrea Chénier“-Serie mischt sich passender Weise mit „Dantons Tod“. Tomasz Konieczny gab sein Rollendebüt in der Titelpartie.

In einem Interview im aktuellen PROLOG, der Publikumszeitschrift der Wiener Staatsoper, meint Tomasz Konieczny, er habe Einem noch nie gesungen, und er werde erst auf der Bühne wissen, „ob meine Stimme diese Musik wirklich mag.“ Nach dem Eindruck, den das Rollendebüt hinterlassen hat, mag die Stimme Einem – beziehungsweise den Danton. Konieczny sang die Partie mit Wotan’schem Impetus, fegte mit seinem kräftigem Organ das Revolutionsgericht nahezu von der Bühne, hat vielleicht dort noch ein wenig Nachbesserungsbedarf, wo Einem das epikuräische Flair im ersten Bild kurz anspricht, das Daton umgibt, und bei der Herausarbeitung einer von scharfem Intellekt gestützten (Selbst-)Ironie. Da geht es auch um subtile Nuancen, die zum Beispiel eine zentrale Szene, das Gespräch mit Robespierre, betreffen.

Koniecznys Danton war im Charakter und im Gesang stark auf den „Endzweck“ seiner Bühnenbestimmung fokussiert, nämlich auf den große Auftritt vor dem Tribunal. In dieser Szene entfaltete er eine massenmobilisierende stimmliche Wucht, mit der seine Verteidigung und seine düstere Vorhersage („Ich sehe großes Unglück über die Menschen hereinbrechen, es ist die Diktatur ...“) ins Auditorium schleuderte. Dieser Auftritt hinterließ einen mächtigen Eindruck und zog alle Aufmerksamkeit auf sich, degradierte die Mitglieder des Revolutionstribunals zu Statisten – und Clemens Unterreiner als dessen Präsident konnte sich nur in das Schicksal fügen, dass der Fortgang der Geschichte ihm letztlich Recht gegen würde. Insofern war diese Szene eine einseitige Angelegenheit für den Angeklagten, dessen akustische Autorität sogar durch das sängerunfreundliche Bühnenbild, das Danton den Chor- und Orchestermassen ausliefert, nicht ausgebremst wurde.

Die – laut Programmzettel – siebte Aufführung des Werkes in dieser Produktion hat nicht nur wegen Koniecznys Danton mehr überzeugt, als die Premierenserie vor einem Jahr. Benjamin Bruns, der Camille an seiner Seite, ließ seinen Tenor mit heller, lyrischer Standkraft leuchten, und Michael Boder am Pult des Staatsopernorchesters, sorgte für einen spannende, differenzierte Wiedergabe, die auch manch ironische „Wendung“ nicht ausschloss. Die fast „burleske“ tänzerische Wankelmütigkeit der Massen wurde wuchtig herausgestrichen, die in der fahlen Musik zu Robespierres Auftritt eine geradezu dämonische Widersprechung erfährt. Im Gegensatz zur spannenden, aber recht spröden „Moderne“, für die Susanna Mälkki in der Premiere gesorgt hatte, spielte das Orchester an diesem Abend mit einem aufgefächerteren, sinnlicheren Klang, der auch die spätromantischen (Mahler’schen) Traditionslinien (etwa in Luciles Soloszene am Ende des ersten Teils) deutlich machte. Der Abend benötigte allerdings eine kurze „Aufwärmphase“ (das erste Bild).

Thomas Ebenstein (Robespierre) und Olga Beszmertna (Lucile) haben ihre guten Leistungen aus der Premierenserie wiederholt. Michael Laurenz, im letzten Jahr als Josef K. in Einems „Prozess“ im Konzerthaus zu hören, überzeugte jetzt an der Staatsoper als Hérault. Der an eine flotte Musicalinszenierung erinnernde Schwung des Chores hat sich übers Jahr schon ein bisschen gelegt, stimmgewaltig ist er natürlich nach wie vor.

Meine bereits bei der Premiere gemachten Einwendungen die an sich brauchbare Inszenierung von Josef Ernst Köpplinger betreffend bleiben aufrecht: die szenische Gliederung der einzelnen Bilder ist zu unprägnant.

Der starke Schlussapplaus dauerte sechs bis sieben Minuten lang.