DIE LETZTE VERSCHWÖRUNG
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Volksoper
9. Februar 2024

Dirigent: Tobias Wögerer


Friedrich Quant - Timothy Fallon
Elisabeth, seine Frau / Natalya Ostrova,
russische Unternehmerin - Sofia Vinnik
Lara Lechner, eine Flat-Eartherin /
Das SYSTEM - Rebecca Nelsen
Dieter Urban, Verschwörungstheoretiker /
Mr. Goodman, ein FBI-Agent - Orhan Yildiz
Georgina von Solingen, Quants Chefin - Annelie Sophie Müller
Alois Dunkler, Quants Manager - Jakob Semotan
Der Kanzler - Daniel Schmutzhard
Edgar Binder / Pressereferent des Kanzlers /
GORD, ein Außerirdischer - Aaron Pendleton
Sarah, Quants Kind - Alma-Marie Sommer
Philipp, Quants Kind - Konstantin Pichler
Angelica Boob - Tara Randell
Stimme aus dem Off - Moritz Eggert


„Nachruf auf einen Erfolg?
(Dominik Troger)

In der Volksoper sind wieder Reptiloide unterwegs, allerdings bei magerem Besucherinteresse. Moritz Eggerts unterhaltsames und den Puls der Zeit atmendes Musiktheaterstück „Die letzte Verschwörung“ scheint ein knappes Jahr nach der Uraufführung beim Publikum bereits der Vergessenheit anheimgefallen.

Die Erfolge von gestern zählen nichts, wenn sich heute niemand mehr an sie erinnert. Wegen des schlechten Vorverkaufs der „Letzten Verschwörung“ wurden zwei der vier geplanten Aufführungen abgesagt und je durch eine Zusatzvorstellung der „West Side Story“ (13. Februar) und von „Lass uns die Welt vergessen – Volksoper 1938“ (18. Februar) ersetzt. Diese beiden Aufführungen sind bereits ausverkauft.

Von Moritz Eggerts „Mythos-Operette“ konnte man das nicht behaupten. Auf der Galerie der Volksoper haben sich in der von mir besuchten Vorstellung nicht mehr als 60 bis 70 Besucher eingefunden. Sie verfolgten das Schicksal des Fernsehmoderators Friedrich Quant, der in den Sog verschwörungstheoretischer Weltanschauungen gerät: von der „Flatearth-Theorie bis zur Ufologie. (Das Parterre war besser ausgelastet, auch die Logen und der Balkon. Aber es ist mehr als verständlich, dass die Direktion bei noch ausstehenden zwei Aufführungen die Reißleine gezogen hat – noch dazu, wo aktuell zwei stark nachgefragte Erfolgsproduktionen zur Verfügung stehen.)

Schade ist es trotzdem, weil „Die letzte Verschwörung“ kulinarisches Musiktheater am Puls der Zeit bietet und der Volksoper außerdem szenisch eine schwungvolle Produktion gelungen ist, die den erwähnten Sog absurder Weltbilder, der Friedrich Quant einsaugt, sowohl musikalisch als auch auf der Bühne mit viel Liebe zum Detail erlebbar macht. Schnelle Szenenwechsel dank Drehbühne und Videoprojektionen sorgen in den knapp zweieinhalb Stunden (inklusive Pause) für keinen Stillstand. Beständig wird an der Eskalationschraube gedreht – die kalte Dusche gibt es erst am Schluss, wenn sich die bis dahin erzählte Geschichte als Probensituation entpuppt: ein „Notausgang“, der das Publikum wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt.

Auch die Zweitbegegnung mit dieser Produktion machte viel Spaß, Eggerts Musik erwies sich beim Wiederhören mit ihrer süffigen Aneignung diverser Stile und Sparten als dem Sujet und seiner konzentrierten Verarbeitung sehr förderlich. Ihrem Wesen nach schielt sie aber doch auf „Minimalisten“ wie den frühen Philip Glass, ohne diese Bezugnahme mit Radikalität duchzuziehen, garniert mit „Seitensprüngen“ in das 19. Jahrhundert, revueartigen Tanzeinlagen und „spaciger“ Filmmusik.

Weitestgehend war wieder die Premierenbesetzung angetreten, mit einer auch logistisch überzeugenden Ensembleleistung – das Orchester eingeschlossen – wobei Rebecca Nelsen als Lara an diesem Abend für mich den insgesamt stärksten Eindruck hinterlassen hat. Das Publikum spendete dankbaren Beifall und es gab vereinzelte Bravorufe.

Muss man auf diese Produktion aber schon einen „Nachruf“ verfassen? Die Uraufführung eingeschlossen hat es „Die letzte Verschwörung“ bis jetzt nur auf sieben Vorstellungen gebracht. In der Spielplanvorschau der Volksoper für den Februar 2024 wird angemerkt, „Die letzte Verschwörung“ sei nach der Premiere sofort „Stadtgespräch“ gewesen. Es werden wohlwollende Kritiken des Radiosenders BR Klassik und der Tageszeitung „Der Standard“ erwähnt.

Nach meiner Erinnerung gab es eine ganze Reihe wohlwollender Besprechungen. Da und dort wurde ein wenig fehlender „Tiefgang“ angemerkt, aber ist der „Tiefgang“ zeitgenössischer „Klassik“ nicht längst eine zu Tode perpetuierte Avantgarde? Vor diesem Hintergrund repräsentiert „Die letzte Verschwörung“ eine angenehm pragmatische Form modernen und aktualitätsbezogenen Musiktheaters – an der Volksoper noch dazu in einer Inszenierung (Regie: Lotte de Beer), die handwerklich „alle Stückln spielt“ und mit phantasievoller, aber nie besserwisserischer Ironie das im gesellschaftlichen Diskurs nicht unheikle Thema behandelt. Doch die Erfolge von gestern zählen nichts, wenn sich heute niemand mehr an sie erinnert.

Ein detaillierter Bericht zu einer Aufführung vom April letzten Jahres kann hier nachgelesen werden.