ROBERTO DEVEREUX

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Erstaaufführung an derWiener Staatsoper
Premiere, 7.12.2000


Dirigent: Marcello Viotti
Inszenierung: Silviu Purcarete
Bühnenbild & Kostüme: Helmut Stürmer
Choreinstudierung: Ernst Dunshirn

Elisabetta, Königin von England - Edita Gruberova
Herzog von Nottingham - Yu Chen
Sara, seine Frau - Enkelejda Shkosa
Roberto Devereux - Ramon Vargas
Lord Cecil - Cosmin Ifrim
Sir Gualtiero Raleigh - David Cale Johnson
Ein Vertrauter Nottinghams, Ein Page - Hiroyuki Ijichi

Ab in die Schublade?!
(Dominik Troger)

Nein, zuerst wollen wir natürlich noch ein paar Mal Edita Gruberova als Elisabetta (die englische Königin Elisabeth I.) hören, aber dann ist der Weg dieses mittelmäßigen Donizetti-Ergusses längst vorgezeichnet. Rund um die Primadonna kam schon am Premierenabend großes Gähnen auf. Die "Nicht-Inszenierung" von Silviu Purcarete, die zu dem dilettantischsten gehört, was man derzeit auf der Staatsopernbühne bestaunen kann, tut ihr übriges dazu - und er wurde, im Verbund mit Helmut Stürmer, Bühnenbild und Kostüme, vor den Vorhang tretend, vom Mißfallen des Publikums sofortigst hinter selbigen zurückgescheucht. Sogar den unverbesserlichen Premierenbravo-Rufern hatte die Stimme versagt und das Klatschen tropfte erbärmlich spärlich durch das Auditorium. Die darauf folgende Mißfallenskundgebung war so bestimmt und kurz, dass den beiden Herrn wirklich nichts Anderes übrig blieb, als ihrer Schöpfung in jene Versenkung nachzufolgen, wo sie hingehört.

So bleibt auch nichts, was diesen Roberto Devereux am Leben erhalten könnte, außer Edita Gruberovas Primadonnentum, das sich diesmal zwischen der Darstellung einer ältlichen, liebessehnsucht-haßzerissenen englischen Königin und ihren immer noch jugendlich frischen Pianophrasen beinahe zerspragelt hätte. Offenbar war es aber auch Donizetti bei der Komposition weniger auf Authentizität angekommen, als dem Regisseur, der Elisabetta in fast schon marionettenhaften Bewegungen unförmig kostümiert über die Bühne wanken lässt, manchmal sogar ein Stöckchen zu Hilfe nehmend, mit der Schlusspointe, dass sie sich die rote Perücke vom Kopf ziehen muss. So kommt es, dass zwischen Gesang und Darstellung eine schmerzliche Diskrepanz aufbricht, die noch dazu umso größer wirkt, weil die Gruberova eben eine Primadonna und keine Tragödin ist.

Neben Edita Gruberova zu bestehen, ist schwer. Zweitklassigkeit könnte dann schon fast als Drittklassigkeit ausgelegt werden, weil die Unterschiede einfach zu deutlich in den Ohren klingen. Enkelejda Shkosa gab als Sara ein gelungenes Staatsoperndebut. Man möchte ihren Mezzosopran aber noch gerne in anderen Partien hören dürfen, weil Koloraturen so ganz ihre Sache nicht sind. Außerdem hätte man sich in dieser Partie einen Mezzo mit weicherer Klangfarbe gewünscht, einen romantischen Widerpart zur herrischen Elisabeth. Ramon Vargas war ein wenig aufregender Tenor mit hörbaren technischen Insuffizienzen in höheren Lagen, die offensichtlich aus einer gewissen Überforderung resultierten. Schade, dass er sich in einem der wenigen musikalisch ergiebigeren Teile dieses Werkes, im Duett Elisabetta - Roberto im ersten Akt, neben der Übergröße einer Edita Gruberova überhaupt nicht zur Geltung bringen konnte - und dieser an sich recht packende Donizettische Einfall leidenschaftslos verpuffte. Yu Chen als Nottingham, der die Partie kurzfristig für den ursprünglich angesetzten Carlos Alvarez übernommen hatte, hielt sich wacker. Die restlichen Mitwirkenden entsprachen dem, wozu sie ihre sängerischen Mittel in Stand setzten...

Marcello Viotti am Pult kämpfte vergeblich gegen die Längen der Partitur an, und der Schwung, den noch die Overtüre getragen hatte, verlor sich bald im Niemandsland zwischen Sängern, Allerweltsgesten, trostlosem Einheitsbühnebild (ja, schon wieder! Offensichtlich aus Spargründen??) und dem Notengefülle aus der Donizettischen Opernfabrik.

Fazit: Einmal hingehen und die Gruberova hören. Wer dann noch Lust auf Roberto Devereux hat, kann sich an der einen oder anderen CD-Einspielung laben. Und vielleicht gibt es dann, in dreißig Jahren, wiedermal eine konzertante Aufführung. Das müßte reichen.

Ja, was wahrscheinlich immer ungeklärt bleiben wird, warum die halbherzig in Szene gesetzte Overtüre mit einem schwarzbeanzugten Chor beginnt, der mit dem Rücken zum Publikum stehend, schwarze aufgespannte Regenschirme trägt. Vielleicht handelt es sich dabei um eine von der Direktion verordnete Recyclingmaßnahme für bereits ältere schwarze, gebrauchte Regenschirme aus dem ersten Bild von "Pique Dame"? Vielleicht ist es eine Assoziation auf die Tristesse Londoner Regentage?? Vielleicht ist es das raffinierte Sponsoring eines Schirmerzeugers??? Oder wollte man nur dezent darauf hinweisen, dass in der Staatsoper jährlich zwanzig schwarze Regenschirme vergessen werden????