DON PASQUALE

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Wiener Staatsoper
6. Oktober 2018



Dirigent: Evelino Pidò

Don Pasquale - Ambrogio Maestri
Ernesto - René Barbera
Malatesta - Gabriel Bermúdez
Norina - Hila Fahima
Notar - Wolfram Igor Derntl


Stumme Rollen:
Diener - Eduard Wesener, Tobias Huemer
Kammerfrau - Waltraud Barton


„Falstaff als Don Pasquale“

(Dominik Troger)

Die Staatsopern-Produktion von „Don Pasquale“ aus dem Jahr 2015 hat es in dreieinhalb Jahren auf 26 Aufführungen gebracht. Die dritte und letzte Vorstellung der aktuellen Serie wartete mit einer Umbesetzung auf: Hila Fahima sprang für Andrea Carroll ein und gab als Norina ihr Wiener Rollendebüt.

Samstagabend und der Galeriestehplatz ist ziemlich „unbesucht“– mit der Popularität einer „La traviata“ oder „Carmen“ kann es Donizettis buffoneskes Meisterwerk in der Publikumsgunst offensichtlich nicht aufnehmen. Dabei war mit Ambrogio Maestri zwar kein „belcantesker“ Don Pasquale der „alten Schule“ angetreten, aber ein Sänger mit viel Gespür für Wort- und Spielwitz.

Maestri ist keine „schlank“ zu nennende Bühnenerscheinung. In der Szene am Beginn, in der die Regie den heiratslüsternen Don Pasquale zur Massage bittet, lüftete der Sänger sein „Unterleiberl“ hoch genug, um dem Publikum zu zeigen, dass man ihm für den Falstaff den Bauch nicht ausstopfen muss. Das Gelächter gab ihm recht und er hatte das Publikum gewonnen.

Sehr viel Humor lief bei Maestri über die Sprache: Er war unermüdlich im Ausgestalten der Worte, im Zuspitzen, Verfeinern, Dramatisieren. Und wenn sich Pasquale in seiner Kavatine glücklich seine Ehezukunft ausmalt, dann konnte man den Familienvater vor sich sehen, der sich im Kreise seiner Kinder sonnt und der – sozusagen – mit liebenswürdiger Patriarchalität seine von „Mama“ gekochten Spaghetti wickelt. Aber Don Pasquales Eheträume fallen bekanntlich einem „perfiden Anschlag“ zum Opfer.

Maestri differenzierte die Rolle jedenfalls stärker, als die oberflächliche Staatsoperninszenierung von Irina Brook. Sein Don Pasquale blieb trotz aller Fehler und einzelgängerischer Verschrobenheit ein eher gutmütiger Mensch. Die deftige Behandlung durch Norina machte ihn bemitleidenswert, wirkte er ihr gegenüber doch mehr hilflos als verärgert – und die Ohrfeige, die sie Don Pasquale verpasst, wurde schmerzlich als Demütigung fühlbar.

Hila Fahima war eine im Aussehen gazellenhafte, spielwitzige Norina, deren gegen Don Pasquale gerichtete Sopranattacken auf der Galerie allerdings nur schaumgebremst ankamen. Ihr Sopran hatte wunderbare schüchterne und verhaltene Momente, aber für das herrische Auftrumpfen wirkte die Stimme zu fragil und bei den Spitzentönen leicht gestresst.

Der Lautstärkenunterschied war insofern frappant, als René Barbera (in dieser „Don Pasquale“-Serie Staatsoperndebüt) mit seiner Stimme überraschend kräftig das Haus füllte: eine bewegliche, höhensichere Tenore di grazia-Stimme, die man auch gerne in einer Rossini-Oper hören möchte. Und wenn ein Sänger einen Spitzenton noch in ein schwärmerisches Decrescendo überführt, dann erfreut das ohnehin das Herz des Stimmenthusiasten.

Aber diese Freude war nicht ganz ungetrübt: Barberas Tenor zeigte sich leicht rau timbriert und wurde vom Sänger eine Spur zu „offensiv“ eingesetzt – vielleicht auch Ausdruck einer in den letzten Jahren zu überhitzt durchgezogenen Karriere. Und weil man einen Vergleich mit Juan Diego Floréz in diesem Fach derzeit schwer vermeiden kann – sie scheint deutlich weniger geschmeidigen Schmelz zu besitzen, als jene des peruanischen Bühnenstars. Insofern verströmten auch Barberas Spitzentöne – obwohl kräftiger – weniger federnden Glanz und klangen etwas trocken. Im Aussehen und in der Bühnenwirkung hatte Barbera eine leichte Ähnlichkeit mit Ramon Vargas.

Gabriel Bermúdez steuerte einen harmlosen Malatesta bei, sein Organ etwas „gaumig“ und nicht klar akzentuiert. Wolfram Igor Derntl gab pointiert den Notar. Das Orchester unter Evelino Pidò sorgte für einen weitgehend unterhaltsamen Repertoireabend. Der Orchesterklang war etwas „deckend“, zum Nachteil von Hila Fahimas Sopran.

Es gab rund fünf Minuten langen Schlussapplaus.