DON PASQUALE

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Kammeroper
17. November 2017

Premiere


Dirigent: Tscho Theissing

Inszenierung: Marcos Darbyshire
Ausstattung: Annemarie Bulla
Licht: Franz Tscheck

Die Wiener Theatermusiker

Don Pasquale - Florian Köfler
Ernesto - Julian Henao Gonzalez
Malatesta - Matteo Loi
Norina - Carolina Lippo


„Norinas Polyamorie“

(Dominik Troger)

Gaetano Donizettis „Don Pasquale“ ist eine Perle der komischen Oper – und diese Perle wird in der Kammeroper in einer neuen Fassung präsentiert: Tscho Theissing hat Donizettis Partitur „modernisiert“ und für ein „Salonorchester“ arrangiert.

Vor einem Jahr hat sich Tscho Theissing an der Kammeroper die „Carmen“ vorgenommen, arrangiert für nur drei Instrumente: Kontrabass, Violine, Akkordeon. Bei seiner – für mich im Vergleich gelungeneren - „Don Pasquale“-Bearbeitung kommt ein kleines „Salonorchester“ zum Einsatz, das neben einem Streichtrio, Klarinette und Trompete auch „moderne“ Instrumente wie Saxophon, Akkordeon oder Vibraphon verwendet. Theissing hat dabei Donizetti im Auge behalten, seine bekannten Melodien ausgekostet, die Balance zwischen Humor und Tiefgang weitgehend bewahrt.

Mit pointierten Ideen hat er unter den musikalischen Humor Donizettis noch ein bisschen „Curry“ gestreut und Klassik, Jazz, Filmmusik zu einem leicht bekömmlichen Opernabend gemischt. Da gibt es einiges zu entdecken: ironisierende Glissandi, Mundharmonikaanklänge, die an einen berühmten Italo-Western erinnern, lateinamerikanische Rhythmen und weiteres mehr. Den Chor und den Notar hat er gestrichen. Theissing stand selbst am Pult der Wiener Theatermusiker und führte flott und mit buffoneskem Witz durch den Abend

Die Inszenierung hat sich mutig an eine leere, kulissenlose Bühne gewagt, die varietéartig von sehr vielen kleinen Beleuchtungselementen gerahmt wird. Durch die Guckkastenanordnung dieser mit Lämpchen besetzten Rahmen entstand eine gute Tiefenwirkung. Die Regie hat den äußeren oberen Abschluss der Bühnenrampe in das Spiel einbezogen. Die langen Rechnungen Norinas wurden von Don Pasquale dort oben entrollt, und belegten, bis auf den Bühnenboden herabreichend, anschaulich die Kauflust der eben angetrauten Gemahlin. Die wenigen Requisiten (wie z.B. ein Pult mit Schreibmaschine) wurden von der Seite dem Bühnenpersonal gereicht oder hineingeschoben. Die Kostüme besaßen einen leicht historisierenden Anstrich.

Wenn es wenige Requisiten gibt, muss man den Darstellern offensichtlich ein wenig an die „Wäsche gehen“, um Abwechslung zu erzeugen: Norina ließ die Männer in Unterwäsche „tanzen“, und der arme Ernesto war so arm, dass er beim „Povero Ernesto“ nur mehr in selbiger seine Arie zum Besten geben durfte. Insofern waren die Kostümierungen nicht immer ganz „geschmackssicher“ (wie ihre Farben) und verrieten ein wenig den konzeptuellen „Humor“ deutscher Herkunft, von dem der argentinische Regisseur Marcos Darbyshire möglicherweise bei seinem Studium in Hamburg leicht infiziert worden ist.

Darbyshires Don Pasquale-„Idee“ liegt darin, dass er im Finale bekräftigt, Norina, Ernesto und Malatesta würden sich im Rahmen der zwei Bühnenstunden für eine Dreierbeziehung entschieden haben. Don Pasquale wäre ein Vertreter herkömmlicher Gesellschaftsordnung, den niemand mag, während sich Norina ganz emanzipiert zwei Männer schnappt. Malatesta habe zudem auch auf Ernesto ein Auge geworfen – der neue, von allen moralischen und sittlichen Skrupeln gereinigte „Liebesbund“ würde also auch die beiden Männer (!) betreffen. Ernesto ist in dieser Deutung das naive und zweite „Opfer“ der Norina-Malatesta-Kabale.

Darbyshire erläutert sein „Konzept“ auf zwei Seiten im Programmheft, hat es auf der Bühne aber einigermaßen dezent und mit „Augenzwinkern“ umgesetzt. Das szenische Zusammenwirken mit Theissings Arrangement erwies sich ebenfalls von Vorteil: Szene, Personenregie und Musik harmonierten – und die paar grelleren Tupfer konnte man auf die vergnügliche Rechnung einer zwar „modernisierten“, aber in ihrem Verständnis unangetastet bleibenden Opera buffa ausstellen.

Eine wichtige Einschränkung ist aber noch zu machen: Sich vom junge Ensemble des Theaters an der Wien in der Kammeroper „Weltstars“ zu erwarten, wäre ungerecht. Die Sängerinnen und Sänger haben sich während der Saison in stilistisch ganz unterschiedlich gelagerten Opern zu bewähren, und nicht immer passen die Stimmen dafür optimal. An diesem Abend haben Carolina Lippo und Matteo Loi ihre Stärken ausgespielt: Lippo als sehr präsente, die Bühne beherrschende Norina. Mit ihrem beweglichen, aber teils etwas metallisch klingenden Sopran zeigte sie Don Pasquale, wer die „Domina“ im Hause ist. Der Malatesta von Matteo Loi war mit Spielwitz ausgestattet und stimmlich sicher unterwegs.

Florian Köfler gab einen jungen, noch ausbaufähigen, von der Regie mehr in die Opferrolle gedrängten Don Pasquale. Außerdem scheint Köfler als „Sängertyp“ nicht unbedingt in das Fach des Bassbuffos zu drängen. Julian Henao Gonzalez wirkte bei den Arien etwas unsicher, und sein leichter Tenor hätte noch ein paar Gramm an „Virilität“ gut vertragen, um Donizettis ohrschmeichlerische Hits mit etwas Schmelz zu hinterlegen.

Das Publikum war dem Applaus nach zu schließen mit dem Gebotenen sehr zufrieden.