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LUCIA DI LAMMERMOOR |
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Wiener Staatsoper |
Enrico - Mattia Olivieri |
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Die Wiener Staatsoper spielt aktuell „Lucia di Lammermoor“ in durchwegs neuer Besetzung. Dergleichen weckt großes Interesse und Erwartungen. An der Szene hat sich allerdings nichts geändert: Der Frost hält Schottland nach wie vor in eisigem Griff. Mit Adela Zaharia hat sich eine neue Lucia dem Wiener Publikum vorgestellt. Eine leichte Kühle umwehte diese schottische Hochlandbraut, ein emotionales Ringen, das ihr von leicht dunkler Beimischung abschattiertes Sopranklagen klar und präzise auf den Punkt brachte – und vor allem auch durchsetzungstark. Wenn man zur Beschreibung ihrer Stimme die verschneite Landschaft zur Hilfe nehmen müsste, die das Bühnenbild mehr schemenhaft umreißt, dann war es kein lasziv zerschmelzender Flockenschnee, den die Sängerin dem Publikum wohlig ausgebreitet hat, sondern dieses fühlte die unter Liebes- und Frühlingshoffnung aufgefirnte Kante einer unter schwierigen Familienverhältnissen zugeeisten, aber empfindungsfähigen Seele. So richtig „romantisch“ war das womöglich nicht, aber effektvoll, und wahrscheinlich hat schon seit vielen Jahren keine Sängerin an der Wiener Staatsoper auch die virtuose Seite dieser Partie insgesamt so durchgängig ausgewogen, raumfüllend und mühelos zur Geltung gebracht. Bekhzod Davronov sang den unglücklichen Edgardo: eine dunkel getönte, füllige, bis in die Höhe gut durchgebildete, noch mehr dem Lyrischen verhaftete Tenorstimme. Beim Treffen mit Lucia im nächtlichen Park agierte er allerdings zurückhaltend und bremste Lucias Liebesenthusiasmus aus. Nach der Pause kam er selbstsicherer über die Rampe und konnte dann auch die finale Arie sehr schön zur Geltung bringen. Die Gefahr, dass er sich von großer Emotion zum Forcieren verleiten lässt, war allerdings nicht ganz zu überhören. Eine überzeugendere darstellerische Präsenz wird ihm hoffentlich noch zuwachsen. Dritter im Bunde war Mattia Olivieri als Enrico. Seine Art Bühnenbösewichte mit fieser Verschlagenheit auszustatten, harmoniert sehr gut mit seinem nicht kernig klotzenden, sondern hellgetönten Bariton, der in seiner Charakteristik doch noch mehr den „Kavalier“ durchscheinen lässt. Adam Palka hat aus dem Raimondo keinen mit bassbalsamischem Gottesvertrauen ausgestatteten Kaplan gemacht, sondern mehr einen prosaischen Verkäufer von Lucias Seele – aber das ist in dieser Inszenierung irgendwie auch so angelegt. Wenig überzeugten die aus Ensemblekräften rekrutierten Nebenrollen: Isabel Signoret tönte blass und hatte es schwer neben dieser Lucia zu bestehen. Hiroshi Amako – vor drei Jahren am Haus noch Normanno – sang einen zu schmaltenorigen Arturo. Carlos Osuna steuerte robust den „Nordmann“ bei. Roberto Abbado stand am Pult. Manche Szene hätte seitens des Orchesters etwas mehr Leidenschaft gut vertragen, aber der Gesamteindruck war – auch inklusive des Chors – letztlich doch angemessen. Die Inszenierung von Laurent Pelly hatte 2019 Premiere (eine Kooperation mit der Opera Philadelphia). Sie erzählt zumindest die Geschichte, aber das ist schon das einzige, was man über sie Gutes sagen kann. Pelly ist ein gewitzter Regisseur für die Komödie, von der „Lucia“ hätte er besser die Finger gelassen. Der Schlussapplaus erreichte eine Länge von rund sieben Minuten. Dass er ganz besonders auch der Lucia galt, wird nicht überraschen. (Obige Anmerkungen beziehen sich auf die dritte Vorstellung der laufenden Aufführungsserie.) |
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