LUCIA DI LAMMERMOOR

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Wiener Staatsoper
30. Juni 2012


Dirigent: Guillermo Garcia Calvo

Enrico - Marco Caria
Lucia - Brenda Rae
Edgardo - Piotr Beczala
Arturo - Ho-yoon Chung
Raimondo - Sorin Coliban
Alisa - Juliette Mars
Normanno - Peter Jelosits


Saisonfinale an der Staatsoper, 2. Teil

(Dominik Troger)

Am letzten Staatsopernabend der Saison 2011/12 galt es noch einmal, das traurige Schicksal von „Lucia di Lammermoor“ zu beklagen. Es war der heißeste Tag des bisherigen Sommers, Temperaturen von über 35 Grad Celsius hatten Wien und seine Bewohner in den Würgegriff genommen.

Als ich aus dem Haus trat, um mich zur Staatsoper zu begeben, blies mir Wüstenwind ins Gesicht. Auf der im Schein der Abendsonne gelegenen, linken Seitenterrasse der Staatsoper hatte es Temperaturen wie in einem Backofen. Trotzdem hatte sich – neben vielen, leider während der Vorstellung recht unruhigen Touristen – auch viel Stammpublikum eingefunden, um die Saison passend ausklingen zu lassen.

Die Besetzung war mit der ersten Vorstellung, dieser aus vier Aufführungen bestehenden „Lucia“-Serie ident. Brenda Rae kam nach der ersten und dritten auch in der vierten als Lucia zum Zug, die zweite Vorstellung hat Diana Damrau gesungen. Eijiro Kai hat in der dritten Marco Caria als Enrico vertreten. Während im Normalfall die Aufführungen im Rahmen einer Serie „besser“ werden, erreichte diese vierte Aufführung leider nicht mehr das Niveau der ersten – womöglich auch wegen der Hitze.

Der Abend begann schon mit einem auffallend „holprigen“ ersten Bild, in dem sich Chor und Orchester erst finden mussten, aber in dem zumindest Marco Caria mit langgehaltenem Spitzenton ein bisschen Sommeropernflair herbeizauberte.

Im Mittelpunkt stand selbstverständlich Brenda Rae, deren jugendlich-naive, mädchenhafte Lucia im Vergleich zum extrovertierten Wahnsinn von Diana Damrau mir deutlich glaubhafter erschien. Lucias Wahnsinn muss sich nicht in besonders exaltierter Körperlichkeit austoben. Zuviel „Action“ scheint mir hier unangebracht, hier genügt zu einem großen Teil der Gesang.

Rae bleibt als Lucia viel stärker einem Charakter treu, der sich von „Geistererscheinungen“ erschrecken lässt. Der große Vorzug Raes ist, dass sie ein natürliches musikalisches Gefühl für Belcanto mitzubringen scheint. Sie muss sich erst gar nicht in Pose werfen, sie singt, was sie fühlt. Die Stimme ist für die Staatsoper noch etwas zart, dringt aber deutlich durch. Die Wahnsinnsarie gelang ihr in der ersten Aufführung besser, diesmal war der Schlussteil für sie herausfordernder und der Spitzenton wurde nur kurz gehalten. Ihr Einspringen als Lucia war jedenfalls sehr vielversprechend – und das ist bei dieser (Wahnsinns-)Partie nicht gerade eine Selbstverständlichkeit.

Piotr Beczala war nach der Pause nicht mehr in Bestform und neigte etwas zum Forcieren, das Schlussbild bereitete ihm einige Mühe. Seine Stimme klang schon in der zweiten Aufführung nicht mehr ganz so locker wie in der ersten. Sorin Coliban würde besser zur Geltung kommen, müsste er nicht die früher immer gestrichene Szene mit Lucia im dritten Bild singen. Aber in Anbetracht der Außentemperaturen konnte man nach Ende der Vorstellung wirklich nur mehr allen Ausführenden (und sich selbst) einen schönen und hoffentlich etwas kühleren Sommer wünschen.

Der Schlussapplaus war bei Rae und Beczala recht stark, er dauerte allerdings nur um die sechs Minuten.