L'ELISIR D'AMORE

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Wiener Staatsoper
26. September 2014

Dirigent: Guillermo Garcia Calvo

Adina - Adriana Kucerova
Nemorino -
Juan Diego Flórezn
Belcore - David Pershall
Dulcamara - Adam Plachetka
Giannetta - Annika Gerhards


Perfekter Nemorino

(Dominik Troger)

Donizettis „Liebestrank“ wurde in der Wiener Staatsoper in der „Exklusiv-Abfüllung“ durch Juan Diego Flórez serviert: gereift in der Südlage eines milden Klimas, fruchtig im Abgang und von einem geschmeidigen und eleganten Bouquet umflort.

Juan Diego Flórez als Nemorino, das verheißt gesangliche Extraklasse und ein perfekte Bühnenpräsentation – locker, witzig, geschmackvoll, mit angemessener Komik und einer Portion an Selbstironie. Und jeder Ton stand im Dienste eines formvollendeten belcantesken Gesanges. Allein wie Florez im „Una furtiva lagrima“ sehnsuchtsvoll den Bogen spannt, wie er die Phrasen aneinanderflicht, die Pausen setzt: das verbindet romantische Poesie und Gesangeskunst in einer perfekten und zugleich ganz natürlich wirkenden Weise. Sein einst graziöser Rossini-Tenor ist etwas schwerer geworden, wodurch seine Stimme jetzt noch besser für diese Partie geeignet ist. Bei seinem Nemorino-Debüt an der Staatsoper vor fünf Jahren war sein Tenor noch eine Spur zu leichtgewichtig, jetzt passt er nahtlos in diese Rolle – und die sicher gesetzten Acuti strahlen in ihrer Feuerwerks-Brillanz mit einem wärmeren Farbton als früher.

Der Applaus nach dem „Una furtiva lagrima“ dauerte an die drei Minuten lang, ehe der Sänger dem Dirigenten das Zeichen zur Wiederholung gab. Während der kurzen Orchestereinleitung drehte er sich um und benützte einen Spray zur Stimmbandpflege, um sich für den zweiten Durchgang zu wappnen. Flórez singt diese Wiederholungen eigentlich immer mit Variationen, mal bringt er nur ein paar zusätzliche Verzierungen an, an diesem Abend änderte er beim „un solo istante i palpiti / del suo bel cor sentir“ sogar die Gesangslinie in dem er auf dem „del“ nach unten oktavierte und somit die folgende Phrase aufsteigend begann und nicht abfallend. Auch darstellerisch hat sich Flórez deutlich weiterentwickelt – und nicht nur mit ein paar neuen „Gags“ aufgewartet, wie einer Banane, die er gegenüber Belcore als „Degen“ zum Einsatz brachte. (Damit wurde der Staatsopern-„Liebestrank“ nach Äpfeln und Orangen um eine neue Obstsorte vermehrt.) Er wirkt viel lockerer als noch in den Anfangsjahren seiner Karriere. Außerdem vermittelte der Sänger dem Publikum das Gefühl, selbst großen Spaß an der Aufführung zu haben.

Mit Adriana Kucerova stand ihm eine graziöse Adina zur Seite, die darstellerisch keine Wünsche offen ließ – beide zusammen ergaben ein ausnehmend hübsches und fröhliches Liebespaar, das sehr gut beim Publikum ankam. Gesanglich fiel Kucerova in das Schema zarte Figur und etwas „soubrettig“ angehauchte Stimme, eine Kombination, die inzwischen als Adina so oft an der Staatsoper anzutreffen war, das sie offenbar den künstlerischen Geschmack der Direktion widerspiegelt. Kucerova war als junge, quirlige und ein bisschen verliebträumte Frau im Spiel eine der besten Adinas, die die Staatsoper in den letzten Jahren gesehen hat, stimmlich war sie mir in Summe zu leichtgewichtig. Die Sängerin hat in dieser Partie vor zwei Jahren am Haus debütiert.

Der Belcore des Abends, David Pershall, hat in dieser Aufführungsserie sein Hausdebüt gegeben. Sein noch recht lyrisch wirkender Bariton zeigte sich hell timbriert und wurde kultiviert geführt, war aber zu wenig kraftvoll, und für den Belcore in Timbre und Ausdruck noch recht jugendlich und etwas unausgegoren. Seine Stimme müsste in der Mittellage noch an Fülle zulegen.

Adam Plachetka gab einen bewährten Dulcamara, der vom Typ nicht den volksverbundenen, etwas untersetzt-väterlichen Quacksalber verkörperte, den sich das Publikum in dieser Rolle womöglich erwartet, sondern schon mehr städtisch-kaufmännisches Flair verbreitete. Die Stimme klang ein bisschen rau, und in seinem Auftreten ist er eigentlich zu jugendlich für die Partie. Die Spielfreude mit der er agierte, machte diese Einwände wieder wett.

Annika Gerhards sang eine unauffällige Giannetta, der Chor gefiel als lustvolles Landvolk, und das Orchester sorgte unter der Leitung von Guillermo Garcia Calvo für einen routiniert und schwungvoll musizierten Abend, der gut zu dem regen Bühnentreiben passte, das die Mitwirkenden entfachten. Der starke Schlussapplaus brachte es auf einen Länge von neun Minuten.

An diesem Abend spielte man laut Programmzettel die 215. Aufführung dieser Produktion. Die Inszenierung zählt zu den Klassikern des Hauses, möge sie noch lange auf dem Spielplan stehen.