L'ELISIR D'AMORE

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Wiener Staatsoper
3.4.2005


Dirigent: Alfred Eschwé

Adina - Anna Netrebko
Nemorino - Rolando Villazón
Belcore - Leo Nucci
Dulcamara - Ildebrando d' Arcangelo
Gianetta - Inna Los
Trompeter - Konrad Monsberger
Diener - Michael Burggasser


Naives Opernglück

(Dominik Troger)

Dass solche Abende naiven Opernglücks überhaupt noch erlaubt sind?! Anna Netrebko und Rolando Villazón erspielten und ersangen sich in dieser „Bilderbuch“-Inszenierung nach Otto Schenk die Herzen des Wiener Publikums.

Hier ist die Opernwelt noch in Ordnung. Lebensfreude und ein bisschen Liebesschmerz. Eine Kulisse wie aus dem Prospekt eines Reiseveranstalters: dieser idyllische Dorfplatz. Bella Italia! Den Wagen des Dulcamara darf sogar wieder ein Esel auf die Bühne ziehen, wie anno dazumal. Man hat ihn exhumiert. Schließlich ist auch das Fernsehen da. Man hat wirklich schon fast vergessen, wie lustvoll und unbekümmert Oper sein kann. Lehnen wir uns also zurück, genießen wir die Musik, gönnen wir uns das Vergessen von Gott und die Welt, und schauen wir Rolando Villanzón beim Jonglieren mit Äpfeln zu.

Ja, unbedingt auch zuschauen. Villazón ist ein hervorragender Schauspieler, ein Komödiant. Bei der Darstellung des einfältigen, verliebten Nemorino sitzt jede Handbewegung, jede mimische Pointe. Die Wesensänderung durch „übertriebenen Alkohlgenuss" wird nicht nur körperlich sehr überzeugend, sondern auch stimmlich dargestellt. Vielleicht sind nicht alle mit dem dunkleren Timbre Villazóns als Nemorino ganz glücklich gewesen. Es ist mehr gesättigt, runder, reifer. Beim Highlight jedes „Liebestrankes“, dem „Una furtiva lagrima", ließ er sich vom Publikum sehr schnell zu einer Wiederholung „überreden“ – und natürlich machte auch dieses „da capo“ den Abend zu etwas Besonderem. Mir hat die zweite Version besser gefallen. Villazón hat die Stimme noch mehr zurückgenommen, hat sich gefühlvoll mit langem Atmen in den Schluss phrasiert. Da breitete sich plötzlich atemlose Spannung aus, im bis auf den letzten Platz gefüllten Haus. Trotzdem möchte ich seinen Erfolg als Nemorino nicht an diesem Ohrwurm festmachen, es war der Gesamteindruck, der überzeugte.

Die mädchenhafte Adina von Anna Netrebko ist ihm auf ihre Weise ebenbürtig. Mit tänzerischem Schwung, ein wenig trotzig oder sehnsuchtsvoll verliebt, findet sie sich mit Villazón zur stürmischen Happy-End-Umarmung auf der Bühne ein. Alles kommt süffig und leicht mit satt-wohligem, aber nicht übersättigtem Sopran, der sinnenfroh aufsprüht oder sich sehnsuchtsvoll färbt, wenn Adina die Liebe „überfraut“. Diese Abmischung zwischen Lachen und Seufzen ist sublim, erheischt vom Publikum viel Bewunderung und Dankbarkeit. Und sie sieht natürlich auch blendend aus, das ist gewiss kein Nachteil. Beide, Netrebko und Villazón, sind publikumswirksame Vertreter einer jungen Sängergeneration, die mit Spontanität, Lebens- und Sangesfreude den südlichsonnigen Rahmen dieser Inszenierung perfekt ausfüllt.

Für nicht ganz geglückt hielt ich die Besetzung des Belcore mit Leo Nucci: zu seriös für einen Sergeanten, der sich wohl im entferntesten Feldlager noch eine Dame findet, die ihn tröstet. Bei Ildebrando d' Arcangelo lag der Fall ähnlich: sein Quacksalber wirkte mir zu „studiert", zuwenig ausgefuchst, zuwenig schleimig-liebenswertes Naturell. Inna Los sang hübsch. Das Orchester unter Alfred Eschwé widmete sich Donizetti mit mehr Liebe und Detailfreude als üblich.

Der Applaus war stürmisch und dauerte rund eine Viertelstunde. Für Netrebko gab es einen Blumenstrauß.