LA FILLE DU RÈGIMENT

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Wiener Staatsoper
22. September 2016

Dirigent: Evelino Pidó

Marie - Julie Fuchs
Tonio - John Tessier
Marquise de Berkenfield - Donna Ellen
Sulpice - Carlos Álvarez
Hortensius - Marcus Pelz
Korporal -Jaroslav Pehal
Duchesse de Crakentorp - Ildikó Raimondi
Bauer - Wolfram Igor Derntl
Notar - Francois Roesti


„Eine neue Regimentstochter stellt sich vor“

(Dominik Troger)

„Die Regimentstochter“ ist nach drei Jahren wieder auf Besuch in der Wiener Staatsoper. Vier Vorstellungen sind angesetzt. Über die dritte Aufführung der Serie wird nachstehend berichtet. Laut Programmzettel handelte es sich um die 22. Aufführung seit der Premiere im Jahr 2007.

Laurent Pellys Inszenierung von „La fille du régiment“, eine Koproduktion der Staatsoper mit dem Royal Opera House Covent Garten und der New Yorker Metropolitan Oper, hat nichts an Schwung und selbstironischem Humor verloren. Die Premierenserie mit Natalie Dessay und Juan Diego Flórez war ein großer Publikumserfolg – aber auch „im Abonnement” sorgt die „Fille“ nach wie vor für gute Laune.

In dieser Aufführungsserie feierte die französische Sopranistin Julie Fuchs ihr Staatsoperndebüt – für mich eines der bemerkenswertesten Hausdebüts der letzten Jahre. Die in der Provence aufgewachsene Sängerin trägt diese Landschaft in der Stimme – ein warmes, sonniges Timbre, das ihren flüssig gesungenen Verzierungen eine weiche, zartrotgoldene Kontur verleiht. Die Sängerin hat in der Vergangenheit auch viel Barockoper gesungen – etwa die Morgana in Händels „Alcina” in Zürich – und das hat der Stimme eine angenehme Beweglichkeit verschafft, mit der sie locker durch die Koloraturen zu manövrieren versteht. Ihr Sopran zeigte sich für die Staatsoper ausreichend tragfähig, verfügte über sichere Spitzentöne und verstand sich auf das Nachzeichnen von liebestraurigem Sentiment. Hinzu gesellten sich Witz und Charme und ein textbezogenes Ausdrucksvermögen in den Dialogen – etwa das köstliche, sich an den Buchstaben vorwärtstastende Vorlesen des Briefes.

Darstellerisch hat sich die Sängerin ganz auf die Inszenierung eingelassen: Sie hat eifrig das Bügeleisen geschwungen und sich später mit Leidenschaft aus den Fängen der Frau Crakentorp in Tonios Arme geworfen. Fuchs vermittelte den Eindruck einer sportiven Frau, die fest im Regimentsleben steht und dort kräftig „zupacken“ kann – ganz im Sinne der Arbeitsanforderungen mit Wäschekorbstemmen und Erdäpfelschälen.

John Tessier hat den Tonio in Wien bereits im Frühjahr 2013 gesungen. Er ließ im Spiel der Figur wieder die geforderte Unbekümmertheit angedeihen und meisterte die Partie gesanglich anstandslos. Aber seine Stimme entwickelt nach wie vor wenig Virilität. Das Feuerwerk des „Pour mon ame“ geriet deshalb unspektakulär, mit schon zu „knabenhaft“ hell gefärbtem Tenor.

Die Premierenbesetzung hat in dieser Serie nur Carlos Álvarez „vertreten“ – und er ist für das Publikum inzwischen derart fest mit dem Sulpice „verwachsen“, dass man sich in dieser Partie kaum mehr einen anderen Sänger vorstellen kann. Sein verschmitzter Sergeant braucht notorisch sein „Schlückchen“ und sorgt nach dem Motto „raue Schale, weicher Kern“ im Regiment für Ordnung. Die Maskenbildner leisten jedes Mal ganze Arbeit, um den spanischen Bariton in diesen dicklichen Mann zu verwandeln, der mit angenehm timbrierter, kerniger Stimme und viel Humor seinen soldatischen Leidenschaften frönt.

Mara Zampieri hätte in dieser „Fille“-Serie als Duchesse de Crakentorp noch ein spätes Rollendebüt an der Staatsoper geben sollen. Leider musste die Sängerin absagen. Ildiko Raimondi sprang ein und sang als Einlage Gershwins „By Strauss“. Die skurrile Bühnenerscheinung, die Pelly aus der Crakentorp gemacht hat, wurde von der Sängerin gut getroffen. Donna Ellen und Marcus Pelz sorgten als Marquise de Berkenfield bzw. Hortensius für viele Lacher: ein ausgesprochen komödiantisches Duo. Der Staatsopernchor stapfte wieder mit Genuss durch die Landkarten-Landschaft des Bühnenbildes und sang dazu.

Walter Dobner hat in seiner Besprechung der Aufführung vom 16. September „anfängliche Bläserirritationen“ erwähnt. („Die Presse“, 19. September 2016). Die „Bläserirritationen“ am Beginn der Ouvertüre haben sich bis zur dritten Aufführung erhalten. Ansonsten gelang unter der Leitung von Evelino Pidó eine wendige, spritzige Umsetzung, die zugleich viel Gefühl für gesangliche Nuancengebung verriet. Der dankbare Schlussapplaus wurde seitens des Publikums mit rund sechs Minuten Länge relativ schnell abgehandelt.

PS: Wer die Seite der Wiener Staatsoper in Google sucht, dem sticht bei der Anzeige der Suchergebnisse gleich eine Warnung ins Auge:„Dauerhaft geschlossen“. Wer anliegend auf einen kleinen abwärtszeigenden Pfeil tippt, dem löst sich das Rätsel: „Dauerhaft geschlossen“ ist nur das Staatsopernmuseum!