LA FILLE DU RÈGIMENT

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Wiener Staatsoper
1. November 2013

Dirigent: Bruno Campanella

Marie - Iride Martinez
Tonio - Juan Diego Flórez
Marquise de Berkenfield - Aura Twarowska
Sulpice - Carlos Álvarez
Hortensius - Marcus Pelz
Korporal -Jaroslav Pehal
Duchesse de Crakentorp - Kiri te Kanawa
Bauer - Wolfram Igor Derntl
Notar - Francois Roesti


„Zirkusreif“

(Dominik Troger)

Juan Diego Flórez ist nach sechs Jahren wieder als Tonio an der Staatsoper zu hören – und das Wichtigste gleich zuerst: auch in der dritten Vorstellung der laufenden Serie wiederholte er das „Pour mon ame“.

„La fille du régiment“ ist derzeit eine der besten Produktionen, die an der Staatsoper zu sehen sind – und wenn noch dazu Juan Diego Flórez für vier Abende vorbeischaut, dann kennt das Wiener Opernglück keine Grenzen mehr. Mit minutenlangen Ovationen erbat sich das Publikum eine Wiederholung des mit „hohen Cs“ gespickten „Pour mon ame“, das die mit der Cavatine „Ah! Mes amies“ eingeleitete Szene beschließt. Flórez ließ das Auditorium diesmal lange „zappeln“, ehe er dem Dirigenten seine Einwilligung kundtat (und Bruno Campanella fand dieses Mal in der Partitur gleich die Stelle wieder, ab der es losgehen sollte).

Flórez lieferte aber nicht nur einfach eine „Wiederholung“: Er legte noch eine kurze Pause vor dem Schlusston ein, lachte schelmisch ins Publikum und schien zu fragen: „Glaubt ihr wirklich, dass ich es noch kann?“ Nun, ein Schelm ist dieser peruanische Donizetti-Tiroler den ganzen ersten Akt lang, und so eine komödiantisch-ironische Einlage ist für diesen „Naturburschen“ offenbar wie das Salz in der Suppe. Die Zuschauer mussten allerdings erst einmal „verkraften“, dass sich ein Tenor bei diesem halsbrecherischen Stück zu solch einem Späßchen hinreißen lässt. Flórez arbeitete hier wie ein Manegenkünstler, der den Löwen zum Brüllen bringt, bevor er zu ihm in den Käfig steigt. Für Gänsehaut und triumphales „Erlösungsbravo“ war ausreichend gesorgt.

Die charmante unbekümmerte Art dieses Ausnahmesängers sorgte auch für weitere Scherze im ersten Akt. Dass er beispielsweise seinem zukünftigen „Schwiegervater“ Sulpice eine äraische Kartoffel nachwirft, war mir von der Premierenserie nicht erinnerlich. Carlos Alvarez revanchierte sich mit spanischer Fussballleidenschaft und kickte das klobige Objekt zur Seite. Nach der Pause wandelte sich der Tiroler in den seriösen, uniformtragenden Liebhaber und sein „Pour me rapprocher de Marie“ war erfüllt von anschmiegsamer sehnsüchtiger Poesie, wunderbaren Piani und virilem Leuchten, der Jüngling schon zum Manne gereift. Hier zeigte Florez, was an Ausdrucksfähigkeit in ihm steckt – und Leidenschaft und Virilität, sängerische Perfektion und Emotion mischten sich zu einem jener süchtig machenden Opernmomente, denen Opernbegeisterte ihr ganzes Leben lang nachlaufen. Was noch aufgefallen ist: Dass Flórez Tenor inzwischen deutlich fester und „kerniger“ klingt als noch vor wenigen Jahren.

Vielleicht ist es unfair soviel über Flórez zu schreiben, denn Íride Martinez schlug sich als Marie beachtlich. Die Sängerin war nach der ursprünglich vorgesehenen Daniela Fally und der erkrankten, als Einspringerin angesetzten Anett Fritsch, erst als dritte Wahl für diese Aufführungsserie zum Zug gekommen. Sie hat an der Staatsoper im September 2012 als Fiakermilli debütiert.

Martinez spielte die Marie mit Schwung und hat sich in dieser dritten Aufführung sehr gut in die Inszenierung eingelebt. Ihr beweglicher, aber nicht sehr leuchtkräftiger Sopran servierte die Koloraturen und Spitzentöne sicher und garniert mit dem verlangten Spielwitz. Die Stimme scheint mir für die Staatsoper allerdings etwas zu leichtgewichtig, und das sängerische Feuerwerk, das Marie abzubrennen hat, kam nicht so funkelnd wie erhofft beim Publikum an. Martinez durfte sich beim Schlussvorhang über viel Beifall und Bravorufe freuen.

Die weitere Besetzung tragender Partien war mit den Aufführungen vom Mai identisch: vom köstlichen Sulpice des Carlos Álvarez über die komödiantische Aura Twarowska als Marquise de Berkenfield und den komischen Hortensius alias Marcus Pelz bis zu Kiri Te Kanawa als gepflegt-humorvolle Duchesse de Crakentorp. Der Chor brachte ebenfalls viel Humor in den Abend mit ein. Das Orchester unter Bruno Campanello begleitete unauffällig.

Der Schlussapplaus wurde Blumenwürfen von der linken Seite begleitet, fünf oder sechs, von denen fast alle die Bühne knapp verfehlten und im Orchestergraben landeten. Der Schlussapplaus dieser amüsanten und viel bejubelten Sonntagnachmittagvorstellung (Beginn 16:00) dauerte etwa 12 Minuten.

PS: Beim kleinen Panzer, mit dem Tonio seinen Ansprüchen auf Marie im Finale gehörigen Nachdruck verleiht, löste sich bei der Anfahrt die linke Gleiskette von den vorderen Laufrollen – da ist jetzt die „Feldzeugtruppe“ gefragt.