LA FILLE DU RÈGIMENT

Aktuelle Spielpläne
Forum
Opernführer
Chronik
Home
Donizetti-Portal

Wiener Staatsoper
Premiere
1.4.2007

Dirigent: Yves Abel
Inszenierung & Kostüme: Laurent Pelly
Bühne: Chantal Thomas

Koproduktion mit dem Royal Opera House Covent Gadren und der Metropolitan Opera New York

Marie - Natalie Dessay
Tonio - Juan Diego Flórez
Marquise de Berkenfield - Janina Baechle
Sulpice - Carlos Álvarez
Hortensius - Clemens Unterreiner
Korporal - Konrad Huber
Duchesse de Crakentorp - Montserrat Caballé
Bauer - Wolfram Igor Derntl
Notar - Carlo Chies

„Opernfest“
(Dominik Troger)

EILMELDUNG ----- Soldaten des Infanterieregiments No. 21 biwakieren in der Wiener Staatsoper ----- Marketenderin und Tiroler Panzerfahrer singen sich in die Herzen des Publikums ----- über 20 Minuten Applaus ----- größter Premierenerfolg seit vielen Jahren ----- ENDE

Die französischsprachige Erstaufführung von Donizettis „Regimentstochter“ an der Wiener Staatsoper wurde zum großen Opernfest. Eine illustre Besetzung, eine geschickt Humor und Sentiment verknüpfende Regie und viel operettennaher Schwung aus dem Orchestergraben sorgten passgenau für die richtige Mischung.

Da wirbelte Natalie Dessay als Marie über die Bühne, beweglich und agil in Spiel und koloraturforderndem Gesang. Juan Diego Flórez verzauberte als fescher Tiroler Liebhaber und Sänger, der die hohen „C‘s“ wie von selbst und nahtlos in die Gesangslinie flicht, als wäre es die größte Selbstverständlichkeit. (Das Publikum ging eifrig mit, forderte von Flórez eine Wiederholung des „Ah! Mes amies“, der er sich aber versagte.)

Carlos Álvarez war als Sergeant hinter einer treffenden Maske versteckt, ein Komödiant ersten Ranges und ein eben solcher Sänger. Janina Baechle hielt als Marquise de Berkenfield geschickt die Waage zwischen operettenhafter Karikatur und operngemäßem Stolz. Clemens Unterreiner zeigte als Hortensius großes komödiantisches Talent. Opernlegende Montserrat Caballé gab die Duchesse de Crakentorp als witzige, unverbesserliche Diva, wobei ihr die mit einem Schweizer Volkslied aufgewertet Partie viel Spass zu bereiten schien.

Die Inszenierung von Laurent Pelly traf – wie man so sagt – ins Schwarze. Sie entzauberte den Militär-Patriotismus, mit dem Donizetti 1840 bei der Uraufführung dem Pariser Publikum geschmeichelt hat, ließ aber auch Platz für große Gefühle – etwa Tonios Arie im zweiten Aufzug, der Flórez mit seiner jünglingshaft geschmeidigen Stimme weiche Töne der Rührung und sehnsüchtigen Betroffenheit entlockte („Pour me rapprocher de Marie“).

Pelly hat die Handlung von der Napoleonischen Zeit in den ersten Weltkrieg verlegt – und erweckte im ersten Akt, wenn Marie zwischen Wäschebergen bügelt oder Erdäpfel schält, Erinnerungen an Stan Laurel- und Oliver Hardy-Filme, die sich in militärischem Umfeld ähnlichen Aufgaben zu stellen wussten (freilich bei vorprogrammiertem katastrophalem Ausgang). Die Idee, die Bühne aus alten Tiroler Landkarten zu bauen, die sich im Hintergrund sogar zu kleinen Bergspitzen türmen, sorgte für genau das richtige Maß an Distanz – um das Spiel als Spiel zu begreifen.

Der ganze Abend lebte nicht nur von seinem überdrehtem Realismus (zB. wird am Schluss Tonio seinen Ansprüchen auf Marie sogar mit einem kleinen Panzer Ausdruck verleihen), sondern auch von einer exzellenten, auf den Figurencharakter abgestellten Personenregie – bei der vor allem Natalie Dessay gefordert und zu schauspielerischen Höchstleistungen angespornt wurde. Die Verknüpfung von Bühnenaktion und Gesang war hier exakt abgestimmt – und wurde von Dessay in kongenialer Weise realisiert: Ein junges, etwas störrisches Mädchen, das in der rauhen Luft von lauter Soldaten aufgewachsen, seine ersten Liebesgefühle realisiert – und dann fern vom heimatlichen Regiment aus Liebeskummer fast verzweifelt.

Der Jubel am Schluss war euphorisch und dauerte zumindest 20 Minuten.