ROBERTO DEVEREUX

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Wiener Staatsoper
9. Oktober 2014


Dirigent: Andriy Yurkevych

Elisabetta, Königin von England - Edita Gruberova
Herzog von Nottingham - Paolo Rumetz
Sara, seine Frau - Monika Bohinec
Roberto Devereux - Celso Albelo
Lord Cecil - Jinxu Xiahou
Sir Gualtiero Raleigh - Mihail Dogotari
Ein Vertrauter Nottinghams - Johann Gisser
Page - Hiroyuki Ijichi


„Shakespear'sche Abgründe“

(Dominik Troger)

An der Wiener Staatsoper wurde für drei Vorstellungen Gaetano Donizettis Königinnendrama „Roberto Devereux“ wieder in das Repertoire aufgenommen. Als Königin Elisabetta stand – wie bei fast allen Vorstellungen seit der Premiere im Jahr 2000 Edita Gruberova auf der Bühne.

Edita Gruberova hat im Laufe dieser 14 Jahre das Schicksal der Königin bis in jede fragile Nervenfaser durchdrungen – und das Finale, wenn sich Elisabetta ihre Perücke vom Kopf zieht, nähert sich einer shakespearschen Wahrhaftigkeit an, die hinter „Belcanto-Arabesken“ die menschlichen Abgründe und Verzweiflungen selbst zur Schau stellte. Eindringlich wird einem der Abschied einer gealterten Frau von der Macht und – was noch viel schwerer wiegt – von der Liebe vor Augen geführt. Und über allem schwebt ein dunkelroter Hauch, der mit macbethhaftem Grauen vom Schafott herüberweht, an dem Roberto Devereux sein Blut vergossen hat.

Dieses erschütternde Finale hat auch an diesem Abend funktioniert, ging womöglich mehr unter die Haut als noch vor wenigen Jahren, weil es zugleich die Vergänglichkeit allen menschlichen Bestrebens zu symbolisieren schien, so dass darin auch das ergreifend-besinnliche Resümee einer unvergleichlichen künstlerischen Karriere gesehen werden konnte.

Der Weg zu diesem beeindruckend gestalteten Schlussmonolog war aber weder für die Sängerin noch für das Publikum ein leichter. Ihr anfänglich metallisch und starr klingender Sopran benötigte die Zeit bis zur Pause, um sich zu erwärmen, und um die benötigte Elastizität zu gewinnen. In der Tiefe schien die Sängerin durchwegs mit einer ganz anderen, seltsam hohlen Stimme zu singen. In der oberen Lage vermochte sie zwar nach wie vor feine Piani zu spinnen, aber insgesamt schien die Stimme auch etwas an Volumen eingebüßt und an Exaktheit verloren zu haben. So lag bei mir über weite Strecken die Erinnerung im Widerstreit mit dem Gehörten – und dankbar registrierte man jene Momente, in denen einem beides als einigermaßen deckungsgleich erschien.

Der Titelheld des Abends wurde vom spanischen Tenor Celso Albelo verkörpert. Der Sänger hat bis jetzt in Wien Nemorino und Elvino gesungen. Mir sagte sein eher helles, farbloses Timbre wenig zu, das die insgesamt zu leidenschaftslos wirkende Bühnenpräsenz des Sängers noch verstärkte. Teilweise neigte er etwas zum Pressen, obwohl er über eine sichere Höhe verfügen dürfte – was bei „einschlägigen“ Bellini- und Donizetti-Partien gewiss ein Vorteil ist.

Paolo Rumetz bot bei seinem Rollendebüt am Haus einen soliden Nottingham, dem allerdings mit Monika Bohinec (ebenfalls Rollendebüt am Haus) eine expressive Sara zur Seite stand, die sich für meinen Geschmack an diesem Abend nicht gerade als „Belcanto“-Spezialistin profilierte. Vor allem aber verlor ihr in der Tiefe wohltönender Mezzo in der Höhe stark an Klangschönheit – was insofern ungünstig war, weil ihr die Partie zu hoch liegen dürfte. Am Pult nahm Andriy Yurkevych nach einer flott gespielten Ouvertüre, die Donizetti mit slawischer Dramatik aufpulverte, auf die Sänger große Rücksicht.

Der Applaus erreichte eine Länge von 15 Minuten, und galt ganz besonders Edita Gruberova, aber auch für die weiteren Mitwirkenden gab es Bravorufe.