ROBERTO DEVEREUX

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Wiener Staatsoper
16.9.2006


Dirigent: Friedrich Haider

Elisabetta, Königin von England - Edita Gruberova
Herzog von Nottingham - Roberto Frontali
Sara, seine Frau - Sonia Ganassi
Roberto Devereux - Joseph Calleja
Lord Cecil - Cosmin Ifrim
Sir Gualtiero Raleigh - Marcus Pelz
Ein Vertrauter Nottinghams - Johann Gisser
Page - Hiroyuki Ijichi

„Ein Königinnendrama“
(Dominik Troger)

Schwarze Regenschirme zur Ouvertüre: sie leiten in dieser Inszenierung das Drama um die englische Königin Elisabetta ein und ihrem Roberto Devereux. Er wird sterben, sie wird verzweifeln. Federnde Donizetti-Rhythmen schafften beiden ein „sanftes Ruhekissen“.

Die Elisabetta der Edita Gruberova hat inzwischen Dimensionen erreicht, die aus der etwas dünnen Eifersuchtsstory ein Shakespear’sches „Königinnendrama“ machen. Der Schwerpunkt hat sich stark hin zur Rollengestaltung verschoben. Das Gesangliche wird zur Basis eines nahezu schauspielgerechten Vortrags, in dem die Seele der Elisabetta sich vor dem Publikum entblättert bis auf das aschblonde Kopfhaar, wenn am Schluss die rotüppige Königinnenperücke fällt. (Diesmal glaube ich diese Szene endlich verstanden zu haben – und es ist zurecht das einzige, was einem von dieser Inszenierung in Erinnerung bleibt.) Gruberova jedenfalls geht bis zum Äußersten, sie singt schmerzhafte Töne des Leidens, sie skelettiert das forsche Gefühlsleben der Königin fast bis zur Karikatur. Das geht unter die Haut, das hebt nicht ab zu schwelgerischem, weltvergessenem Töne-Himmelwärtstragen, das wirkt wie eben genau jener Blick unter die Perücke, auf das Königinnen-, auf das Primadonnenhaar: entlarvend den wahren Urgrund von Macht und Liebe, von Schönheit und Gesang – die fleischgebundene Vergänglichkeit...

Sonia Ganassi als Sara war zu dieser Elisabetta eine würdige Gegenspielerin: eine technisch gut geführte, warme Stimme, ausbalanciert in der Darstellung der Gefühle, in der Attacke ohne Grobheiten; jeder Tenor hätte sich bei ihr gerne zur Ruhe gebettet. Aber Sara hat ihrer Liebe entsagt, und trotzdem geht alles schief mit Roberto Devereux. Ihr – ungeliebter – Gemahl, Herzog von Nottingham, meint sich vom Freunde gehörnt, hilft eifrig mit, ihn auf das Schafott zu bringen. Roberto Frontali lieh dem Nottingham seine kernige Mittellage, gute Höhen und nicht ganz so bezwingende Übergänge. Joseph Calleja sang den Devereux, sein etwas nasales Timbre gibt ihm Persönlichkeit und die Stimme klingt schon sehr kräftig, allzu sehr ins Detail geht seine Interpretation nicht, die Höhe ist für ihn nach wie vor eine starke Herausforderung.

Das Orchester unter Friedrich Haider spielte einen adretten Donizetti, sogar mit Eleganz und – „federnden Rhythmen“. Das hob sich sehr positiv ab vom üblichen, mehr rudimentären Umgang mit diesem Komponisten im Repertoire. Starker Applaus und sehr viele Bravo-Rufe beschlossen den Abend. (Die stilistische Frage wurde – wie meist – nicht beantwortet, Frontali sang mehr ver(d)istisch, Calleja fehlt der Feinschliff, Ganassi hielt sich da noch besser, das Orchester schien mir feinnerviger zu agieren als sonst.)