DER LEUCHTTURM

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Semper Depot
28.7.2001

Musikalische Leitung: Walter Kobera
Inszenierung: Carlos Wagner
Ausstattung: Conor Murphy
Lichtdesign: Norbert Chmel

Amadeus Ensemble Wien

Koproduktion der Neuen Oper Wien und des Klangbogen Wien 2001 (Premiere 25.7.)

Sandy, 1. Offizier - Erik Arman
Blazes, 2. Offizier - Steven Scheschareg
Arthur, 3. Offizier & Stimme der Karten - Steven Gallop



Wenn das Biest mit den Augen zwinkert

(Dominik Troger)

Peter Maxwell Davies Esoterik-Schocker im Semper-Depot: eine Metallleiter, die unter den Plafond hinaufklettert (= der Leuchtturm!), drei Sessel, ein Tisch, ein paar Requisiten wie Spielkarten und Geschirr. Ein bißchen Bühnennebel. Mehr brauchte es nicht, um diese Kammeroper effektvoll in Szene zu setzen.

Die Geschichte vom Leuchtturm, dessen 3-Mann-Besatzung verschwunden ist, beruht auf authentischen Quellen. Maxwell nimmt sie zum Anlass für eine, man möchte fast schreiben, esoterisch angehauchte Scharlatanerie, mit deren Hilfe er die leichtgläubige Furcht der Menschen vor einem vermeintlich personifizierten "Bösen" hinterfrägt. Und geschickt streut er seine ironischen Einsprengsel in die Partitur, wiegt den Zuhörer in der Sicherheit eines distanzierten Betrachters, bis er ihm die volle Orchsterkeule über den Schädel haut und ein apokalyptischer Sturm losbricht.

Gestartet wird mit einem Prolog, der mit ein paar kleineren Längen die Spannung anheizt und die ratlosen Schilderungen dreier Seemänner enthält, die den verlassenen Leuchtturm untersucht haben. Dann wird zum Geschehen in diesem rätselhaften Leuchtturm zurückgeblendet. Eine Besatzung, die sich anödet, derbe Scherze macht, drei Lieder singt (wobei Davies u.a. typische Folklore und Kirchengesang auf die Schaufel nimmt), und plötzlich mit einem Sturm konfrontiert wird, in den sie eigene, unverarbeitete Erlebnisse aus ihrer Vergangenheit projiziert. Und ehe man sich's recht versieht, hat sie am Schluss der Teufel geholt! Nun, die Sache ist so eindeutig nicht. Aber Davies hat ein paar versteckte Hinweis gegeben, Tarot, "Der Turm", die Karte XVI, und so.

Davies hat die Partitur sehr stark dem theatralischen Effekt angepasst, der einleitende Prolog gibt sich etwas spröder. Ein Horn, das im Zuschauerbereich positioniert ist, wirft den drei Männern immer wieder "Fragen" vor, die sie dann beantworten und zu Protokoll geben. Nach und nach dynamisiert sich aber dieser Vorgang, die Männer verstricken sich in das eigene Erleben - sie werden dann ja auch die ursprüngliche, verschwundene Besatzung des Leuchtturms spielen. Mit einer sich gewaltig aufschwingenden stakkatoartigen Orchesterattacke springt die Handlung vom Untersuchungsgericht in den Leuchtturm und in die Vergangenheit zurück - das "Biest" kann kommen!

Die musikalische und szenische Umsetzung waren hervorragend, die Akustik des Semper Depots wie immer von starkem Nachhall geprägt. Für Fans zeitgenössischer Oper (und alle dies es werden wollen) ein absolutes Muss.