XERSE
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Theater a.d. Wien
18. Oktober 2015
Konzertante Aufführung

Musikalische Leitung: Emmanuelle Haim

Orchester: Le concert d'astree

Xerse - Ugo Guagliardo
Arsamene - Tim Mead
Ariodate - Carlo Allemano
Romilda - Emöke Barath
Adelante - Camille Poul
Eumene - Emiliano Gonzalez Toro
Elvira - Pascal Bertin
Amastre - Emmanuelle de Negri
Aristone - Frédéric Caton


Xerse am französischen Hof
(Dominik Troger)

Passend zur aktuellen Monteverdi-Produktion lud das Theater an der Wien zu einer konzertanten Aufführung des „Xerse“ von Francesco Cavalli. An der Opéra de Lille wurde „Xerse“ unlängst szenisch einstudiert – in Wien wurde eine semi-konzertante Aufführung geboten, ohne Kostüme und Requisiten, aber mit den geforderten Auftritten und angedeutetem Spiel auf der Bühne.

Cavallis „Xerse“, auf ein Libretto von Nicolo Minato komponiert, kennt bereits das „Ombra mai fu“ – Händel hat sich für seine Xerxes-Oper derselben Quelle bedient. Die Oper wurde 1654 erfolgreich in Venedig uraufgeführt. Eine zweite Fassung kam 1660 in Paris zur Aufführung, mit viel Ballettmusik vom eifersüchtig auf seine Pfründe schauenden Jean-Baptiste Lully angereichert. Cavalli sollte in Paris mit einer Hochzeitsoper glänzen und die Heirat zwischen Ludwig XIV und Infantin Maria Theresia von Spanien „belustigen“. Aber seine für diesen Event konzipierte Oper „Ercole amante“ konnte wegen fehlender bühnentechnischer Rahmenbedingungen nicht aufgeführt werden. Also wurde „Xerse“ aus dem Hut gezaubert – und fiel durch.

Im Theater an der Wien wurde die Fassung von 1660 ohne Ballettmusiken gespielt. Die auffällige Besetzung des Xerse mit einem Bass war dem französischen Geschmack am Hofe des Sonnenkönigs geschuldet, ebenso die Umarbeitung in fünf Akte. Die Handlung erzählt vom turbulenten Liebesleben des persischen Herrschers. Der Unterhaltungsaspekt kam mir bei dieser halbszenischen Aufführung allerdings zu kurz. Gespielt wurde vor einer in abgedunkeltes Orange getauchten Projektionsfläche, die die Bühne nach hinten abtrennte. Ein seltsamer langgestreckter schwarzer Kubus diente als einziges Bühnenelement, später kamen noch ein paar kleinere schwarze Würfel hinzu – wie futuristische Sitzmöbel. Die Mitwirkenden spielten in Abendgarderobe.

Der Abend begann etwas holprig mit Intonationsproblemen im Ensemble Le Concert d’Astrée, der frühe Höhepunkt des „Ombra mai fu“ wurde von Ugo Guagliardo für meinen Geschmack zu undifferenziert dargeboten. Xerxes mit Bassstimme wollte mir allerdings den ganzen Abend nicht so recht behagen, ich hätte die italienische Fassung mit einem Countertenor vorgezogen. Emiliano Gonzalez Toro stand Xerxes mit einigem Humor als Eunuch zur Seite.

Elviro (köstlich Pascal Bertin) deutete seine Verkleidung als Blumenverkäuferin im dritten Akt mit einer Art Schleier an. Diese Szene hatte Witz, andere Szenen hatten viel Gefühl – denn Cavalli lässt dem Liebesleid viel Platz. Sehr hübsch machte sich das Duett zwischen Romilda und Arsamene im vierten Akt, für dessen einnehmende gesangliche Umsetzung Emöke Barath und Tim Mead sorgten. Mit militärischem Pomp schickt Cavalli den Ariodate am Beginn des zweiten Aufzugs auf die Bühne. Carlo Allemano legte sich dabei so ins Zeug, als ob er Verdi singen sollte. Der Fürst von Abydos erhielt auf diese Weise Kontur und Charakter (und rüttelte mich nach einem eher langatmigen ersten Akt gehörig auf). Die langen Rezitative brachten die Handlung phasenweise nicht wirklich weiter und der Publikumsschwund in der Pause war nicht zu übersehen.

Weiters befanden sich auf der Bühne: der kernige, akzentuierte Bass von Frédéric Caton in der Nebenfigur des Aristone, sowie Camille Poul (Adelanta) und Emmanuelle de Negri (Amastre). Beide ließen leicht metallisch überhauchte lyrische Sopranstimmen hören, die in der Höhe etwas an Feinheit und Klarheit verloren.

Am Pult stand Emmanuelle Haim, die schon für die szenische Produktion des Werkes an der Opéra de Lille die musikalische Einrichtung besorgt hat und eine sehr kleine Besetzung gewählt hat, u. a. mit nur zwei Violinen, an Blasinstrumenten zwei Flöten und zwei Zinken. Daraus ergab sich schon musikalisch ein deutlicher Gegensatz zur aktuellen „Poppea“-Serie, in der das Orchester größer besetzt ist. Die kleine Besetzung verlockte zu zartem Kolorit, was nuancenreich den Lamento-Szenen entgegenkam.

Das Publikum spendete starken Schlussapplaus.