A MIDSUMMER NIGHT'S DREAM |
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Staatsoper Dirigentin: Simone Young Regie: Irina Brook
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Oberon - Lawrence Zazzo |
Die erste Premiere der Wiener Staatsoper in der neuen Saison galt Benjamin Brittens Shakespeare-Vertonung „A Midsummer Night's Dream“. Das Werk stand zuletzt von 1962 bis 1964 auf dem Staatsopernspielplan. Brittens Oper ist in den folgenden 55 Jahren aber nie ganz aus dem Blickwinkel des hiesigen Publikums verschwunden: 1998 gab es eine erfolgreiche Produktion in der Regie von Philippe Arlaud an der Volksoper, die 2009 noch einmal aufgenommen worden ist; 2018 präsentierte das Theater an der Wien das Werk in einer radikalen (Um-)Deutung von Damiano Michieletto. Die Wiener Staatsoper hat sich bei dieser Premiere auf keine Experimente eingelassen und mit Irina Brook auf eine Regisseurin gesetzt, die schon bei ihrem Hausdebüt mit „Don Pasquale“ (2015) für eine solide Inszenierung gesorgt hat, ohne das Publikum zu verschrecken. Den „Sommernachtstraum“ lässt sie in einem verfallenen Palais als Einheitsbühnenbild spielen, das sich die Natur langsam wieder zurückerobert. Die Handwerker sind Menschen von heute, vielleicht sollen sie das Palais renovieren, jedenfalls benützen sie es als Probebühne. Die beiden Liebespaare tragen englische Schuluniformen. Brook verschränkt die „Sagenzeit“ des Stücks mit der Gegenwart oder die Welt der Phantasie mit der „Realität“ – aber das auf eine poetische, auch humorvolle Art. Positiv ist weiters die klare Umsetzung der Szenen hervorzuheben: Auch im Gefühlswirrwarr der beiden Liebespaare verlor das Publikum nicht den „Durchblick“. Richtiggehend spektakulär ist der Puck gelungen, der wie ein naturelementarer Wirbelwind akrobatisch, artistisch, tänzerisch die Szene aufmischt. Als Überleitung zwischen den Szenen schlängelt sich mehrmals eine von zwei dunkel gekleideten Komparsen bewegte Schlange über die Bühne. In ihrer fließenden Bewegung finden Brittens Streicherglissandi gleichsam eine szenische Entsprechung. Das Staatsopernorchester unter Simone Young hat sich ganz auf den Zauberwald eingelassen. Brittens Partitur wurde mit kammermusikalischem Leuchten erfüllt, webte die Musik wie Feenschleier mit lyrischer Poesie. Die Szenen mit den Handwerkern wurden mit Humor serviert, die Liebespaare durften ihre Gefühle mit romantischer Expressivität äußern. Das Orchester spielte selten laut, klang für die Größe des Hauses manchmal schon sehr zurückgenommen, zwang einen zum genussvollen Zuhören. Von der feinfühligen Vorgangsweise profitierten die Stimmen, vor allem der stimmlich und darstellerisch elegante Countertenor von Lawrence Zazzo sowie Erin Morley, die mit einem sehr aquarellistisch kolorierenden Sopran als Titania den Feenwald durchstreifte. Ihr „Esel“, Peter Rose, gab einen humorvollen Bottom und einen fast schon zu „kultivierten“ Handwerker, um sich im Zauberwald zum Esel machen zu lassen. Aber auch die anderen Handwerker benahmen sich „meisterlich“, was der Boshaftigkeit der Parodie im dritten Akt ein wenig den Wind aus den Segeln nahm – wobei sich aber Benjamin Hulett als köstlicher Flaut / Thisbe in den Vordergrund spielen konnte. Valentina Naforniţa und Rafael Fingerlos sowie Rachel Frenkel und Josh Lovell gaben die zwei Liebespaare überzeugend. Peter Kellner war ein seriöser Theseus und Szilvia Vörös sorgte als Hippolyta mit ihren süffisanten Bemerkungen zum Spiel der Handwerker für das erwartete Gelächter im Publikum. Durch alle Beteiligten – genannte und ungenannte – wirbelte aber der Puck von Théo Touvet und hinterließ durch seine Bühnenpräsenz und körperliche Artistik den stärksten Eindruck des Abends. Schon am Beginn waren einige Sitzplätze leer geblieben, nach der Pause kamen noch einige dazu. Am Schluss applaudierte das Publikum über zehn Minuten lang. Ein großer Erfolg? Jedenfalls ein unwidersprochener Erfolg, der das Regieteam mit einschloss. |