EIN SOMMERNACHTSTRAUM
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Wiener Volksoper
12.4.2002

Musikalische Leitung: Hans Drewanz

Inszenierung und Bühnenbild: Philippe Arlaud
Kostüme: Annette Beaufays
Licht: Philippe Arlaud, Friedrich Rom

Deutsche Fassung von Derek Weber

Oberon - Jochen Kowalski
Titania - Birgid Steinberger
Puck - Karl Markovics
Theseus - Bruce Brown
Hippolyta - Karine Ohanyan
Demetrius - Adrian Eröd
Lysander - Michael Kurz
Hermia - Annely Peebo

Helena - Renate Pitscheider
Zettel/Pyramus - Bjarni Thor Kristinsson
Squenz - Steffen Rössler
Flaut / Thisbe - Manfred Equiluz
Schnauz / Mauer - Camillo dell'Antonio
Schlucker / Mond - Josef Forstner
Schnock / Löwe - Martin Tzonev
u.a.


Bühnenzauber
(Dominik Troger)

Die Volksoper hat Brittens "Sommernachtstraum" wieder in den Spielplan aufgenommen: eine sehenswerte Inszenierung - bis 7.Mai hat man noch Gelegenheit dazu.

Dieser "Volksopern-Sommernachtstraum" stammt aus dem Februar 1998 - und an der beinahe artistischen Verkörperung des Puck durch Karl Markovics konnte man noch ablesen, mit welcher Exaktheit und Phantasie damals Philippe Arlaud (Inszenierung und Bühnenbild) ans Werk gegangen ist. Puck ist (er wird auch von einer Puppe "gedoubelt") allgegenwärtig: geht, hüpft, taucht in den Kulissen auf, fällt, fällt atemberaubend, quirlt und springt, mit rotgrünem Haarschopf, ein wenig punkig, boshaft, schnell, dauerlaufend und angstzitternd vor seinem Herrn, dem Elfenkönig Oberon. Er ist der Knoten, an dem die Aufführung hängt, die Spinne im Netz, die Nabe im Rad der Drehbühne, der Wirbelwind, der alles in Schwung hält. (So ergab sich am Schluss die interessante Beobachtung, dass in einer Oper die Sprechrolle am meisten Applaus erhält...)

Zum Glück darf sich in diesem Fall die musikalische "Hausmannskost" der Volksoper mit einem exquisiten, artifiziellen Inszenierungsrahmen schmücken, den Philippe Arlaud gebaut hat - mit den phantasievollen Kostümen von Annette Beaufays stimming ausgeschmückt. Schon am Beginn bauscht einen der dunkelblaue Bühnenvorhang samt dem Orchester-Vorspiel in die Feenwelt hinüber - Knaben (hier verkörpert von Gesangselevinnen) mit globusgroßen, weißen Leuchten in den Händen, laden ein in den nächtlichen Elfenwald. Man bewundert gleich zu Beginn die geschmeidigen, bunt-métallisé Kostüme und die prägnante Lichtregie. Britten's charakteristisches Orchesterglissando, das im ersten und zweiten Akt auch immer wieder als musikalische Trennung zwischen den Szenen fungiert, tut sein Übriges, um den Eingang zu diesem Zauberwald in sekundenschnelle aufzuschließen.

Arlaud hat ein Einheitsbühnenbild gebaut, das sich auf der Drehbühne mit langsamen Runden in Bewegung hält. Es gibt eine Mauer, die zu einer Art Turm ansteigt, alles reihum den äußeren Rand der Bühnenscheibe ausfüllend - so kann einerseits die Vorderbühne abgeteilt, oder die Bühne zur Mitte hin geöffnet werden; langsam und gemächlich, zeitlos wie im Zauberwald. Titanias Elfenlager ist ein Kugelhaus, der herabgesunkene Mond, in der Hälfte durchschnitten und zum Publikum geöffnet. Im dritten Akt verwandelt sich die Bühne in einen Festsaal in Athen, mit schmalen Spiegeln im Hintergrund und roten Wandverkleidungen dazwischen. Die Diener tragen Hundeköpfe, ein hübsches Verfremdungsmoment, und so servieren sie der Hofgesellschaft den Sekt, während die Handwerker die Geschichte von Thisbe und Pyramus erzählen. (Dieser dritte Akt lebt hauptsächlich von der Verulkung der Handwerker als "italienischer Opernkompanie" - Anklänge an die Wahnsinnsarie aus "Lucia di Lammermoor" und anderen "einschlägigen" italienischen Opern verdeutlichen Britten's Absicht.)

Öffnete die Inszenierung ein Fenster in die Traumwelt einer von Britten verkürzten Shakespeare-Sommernacht, so blieb die musikalische Umsetzung die emotionale Ver(w)irrung umtriebiger Elfen und Athener Liebespaare weitestgehend schuldig. Sie alle, einschließlich Orchester, stapften ziemlich hausbacken durch Britten's musikalische "Feenerie" (ähnlich den Handwerkern, aber wirklich nicht wie "Elfen".) Bis auf Oberon, dem Jochen Kowalski seinen Countertenor lieh, wurde die lyrische Durchwachsenheit von Britten's "Sommernachts-Traum" kaum bewusst. So manches Blümlein wäre da zu pflücken gewesen, das Britten so im Vorübergehen aufblühen lässt, und um die sich zumindest Oberon mit Liebe zum Detail bemühte. Doch wirkte auch dieser Oberon schon ein wenig "übernächtig" und drohte, mit schwebender Poesie, aber ein wenig kraftlos, im gar nicht so lautgetrimmten Orchesterklange zu versinken. Und von Titania (Birgid Steinberger), die von indischen Knäblein verzückte und von eselsköpfigen Webern, hätte man sich mehr blütenduftschwangere Laszivität gewünscht. Erfrischend die herzwärmende Stimme von Annely Peebo (Hermia), die sich mit Helena (Renate Pitscheider) nicht nur auf eine musikalische, sondern auch auf eine echte Bühnen-Rauferei einlassen muss - und da stimmte endlich die Mischung von Liebeslyrik und "falschem Pathos", mit der Britten augenzwinkernd seinen Shakespeare gewürzt hat.

Die Handwerker, die sich in dieser deutschgesungenen Version eines gepflegten "Wienerisch" befleissigen sollen - im Gegensatz zum "gehobenen Deutsch" des Athener Adels - konnten das nur bruchstückhaft und nicht sehr realitätsnah umsetzen. Überhaupt ließ die Wortdeutlichkeit oft zu wünschen übrig. Da hat die (eigentlich unnötige) deutsche Übersetzung auch nichts geholfen...