BILLY BUDD
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Wiener Staatsoper
30.10.2005

Musikalische Leitung: Graeme Jenkins

Kapitän Vere - Michael Roider
Billy Budd -
Simon Keenlyside
John Claggart - Kurt Rydl
Mr. Redburn - Peter Weber
Mr. Flint - Wolfgang Bankl
Leutnant Ratcliffe - In Sung Sim
Red Whiskers - John Dickie
Donald - Marcus Pelz
Dansker - Alfred Sramek
Der Neuling - Benedikt Kobel
Squeak - Cosmin Ifrim
Bootsmann - Janusz Monarcha
1. Maat - Eijiro Kai
2. Maat - Johannes Wiedecke
Ausguck - Peter Jelosits
Freund des Neulings - Hans Peter Kammerer
Arthur Jones - Mario Steller


Starkes Repertoire

(Dominik Troger)

Alle Mann ziehen an einem Seil, das kann was bewegen. „Sternen-Vere“ segelt wieder durch die Staatsopern-Gewässer, und abermals verabsäumt er es, in Sachen Billy Budd ein Machtwort zu sprechen.

Wie gerne würde man als Zuseher dem Schicksalsrad in die Speichen greifen: „Sag endlich was, Kapitän Vere, versteck dich nicht hinter dem Kriegsrecht und steh zu deinen Gefühlen! Billy Budd hat dich verzaubert, gib es endlich zu, du bist in verliebt!“ Aber Vere zaudert, versinkt in Selbstverzweiflung, tröstet sich mit pathetischer Symbolik – das Gute hat das Böse trotzdem besiegt, auch wenn es ein paar Stunden später am Galgen baumeln wird.

Die Billy Budd-Aufführungen an der Staatsoper waren in der Vergangenheit alle auf hohem und sehr hohem Niveau, viereinhalb Jahre nach der Premiere hat sich daran nichts geändert. Eine starke Ensemble- und Chorleistung und markante Sänger in den drei Hauptpartien erzeugen nach wie vor viel Spannung; die Dirigenten gaben immer einen gut zu steuernden Kurs vor, der das Publikum im Kielwasser mit sich fortriss.

Simon Keenlyside sang diesmal den Billy Budd – und spielte auf der ganzen Klaviatur sängerischen Ausdrucks, vom jugendlich begeisterten Seemann, jäh interpunktiert von beklemmenden Stotteranfällen, bis zum innigen, mit männlich-weicher Stimme gesungenen Abschied. Billy Budd, der Gute und Reine, er geht erhobenen Hauptes seinem Ende entgegen.

Michael Roider wächst beim dem Kaptain Vere zuverlässig über sich hinaus. Zum Beispiel gestaltet er diesen schwierigen Charakter in der entscheidenden Gerichtsszene mit quälender Peinlichkeit. Er verfällt in eine Art von neurotischer Starre, man könnte meinen, Billy Budds Stottern habe sich seiner bemächtigt. Bei Vere stottert die Seele – und er rettet sich über die Kriegsrechtsparagraphen.

Kurt Rydl ist ein geradliniger, brutaler Waffenmeister, der wenig Umstände macht. Das Böse tritt hier in einer direkteren Erscheinungsform zu Tage, im wesentlichen ohne diabolische Verschlagenheit. Dass passt zum Stimmcharakter.

Graeme Jenkins ließ im Klang etwas trocken spielen, realisierte das Werke insgesamt aber mit beachtlicher Spannung und gegen Ende mit viel Empfindung.

Das Haus hätte noch ein paar Besucher mehr vertragen, aber die Stimmung war am Schluss sehr beifallfreudig mit vielen Bravorufen. Da waren viele Britten-Fans im Haus. (Besprochen wurde die zweite Vorstellung der laufenden Serie.)