ALBERT HERRING
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Volksoper
19.2.2014

Musikalische Leitung: Gerrit Prießnitz

Regie: Brigitte Fassbaender
Bühnenbild und Kostüme: Bettina Munzer

Kooperation der Volksoper Wien mit dem Tiroler Landestheater

 

Lady Billows- Barbara Schneider-Hofstetter
Florence Pike - Martina Mikelic
Miss Wordsworth - Birgid Steinberger
Mr. Gedge - Morten Frank Larsen
Mr. Upfold - Jeffrey Treganza
Mr. Budd - Andreas Daum
Sid - Daniel Ochoa
Albert Herring - Sebastian Kohlhepp
Nancy Waters - Dorottya Láng
Mrs. Herring - Elvira Soukop
Emmy - Antonia Pumberger
Siss - Anna Grobauer
Harry - Leonid Sushon



Lahmende Komödie

(Dominik Troger)

Benjamin Brittens „Albert Herring“ hatte letzten Samstag an der Volksoper Premiere. Die zweite Vorstellung am Mittwoch vermittelte mir nicht den Eindruck, dass der Volksoper mit dieser vom Tiroler Landestheater übernommenen Produktion ein „großer Wurf“ gelungen wäre.

Die Medien haben über diese Premiere eigentlich recht positiv berichtet, aber die Mund-zu-Mund-Propaganda der Premierenbesucher dürfte von Samstag bis Mittwoch noch nicht „gegriffen“ haben: Viele leere Logen und viele leere Plätze zeugten von keiner reißenden Nachfrage.

Brittens „Albert Herring“ kursiert zwar unter „Komischer Oper“, aber das Unterhaltungspotenzial dieses naiven Muttersöhnchens, das sich über einen Rausch emanzipiert, ist heutzutage schon ein bisschen ausgedünnt. Das Werk ist hierzulande nicht oft zu sehen gewesen. Die Volksoper spielte es von 1976 bis 1984 – immerhin 34-mal. Vor etwas mehr als zehn Jahren hat sich die Neue Oper Wien an dieser „Komödie“ versucht und eine szenisch etwas verfremdete, aber durchaus amüsante Produktion auf die Beine gestellt.

Die Volksopern-Inszenierung von Brigitte Fassbaender spielt dem Handy des Polizisten nach zu schließen in einer nicht näher bezeichneten Gegenwart – mit britisch-roter Telefonzelle und einem eben solchen Postkasten. Rechts im Vordergrund befindet sich der durch Verkaufspult und Kassa gekennzeichnete Gemüseladen, links wird am Beginn des ersten Aktes die Versammlung im Hause von Lady Billows abgehalten, nur auf Sesseln und ganz ohne Wohnraum. Der Bühnenhintergrund ist mit großen Scherenschnitten ausgeschmückt: die Honoratioren des Städtchens Loxford als etwas düstere Galerie. Für den zweiten Akt wird ein weißes Festzelt mit langer Tafel aufgezogen.

Trotz dieser klaren Verortung der Szenen war das Bühnenbild (Ausstattung Bettina Munzer) zu karg und stimmungslos, bestand es doch vor allem aus Leeraum, den die Figuren nicht aufzufüllen vermochten. Denn dazu hätte es einer spritzigeren und liebevolleren Personenregie bedurft, die das Personal des Stücks mit Schwung durcheinanderwürfelt und die schrulligen Schwächen ihrer Charaktere offen legt. Und weil ohne entsprechende Aufmachung Brittens musikalische Anspielungen und kleinen Bösartigkeiten kaum Resonanz auf der Bühne fanden, prägte den Abend ermüdende Harmlosigkeit. Außerdem war die im Gesang recht holprig wirkende deutsche Übersetzung dem Vergnügen an der Aufführung wenig zuträglich.

Gesanglich war die Stadtjugend von Loxford besser disponiert, als ihre älteren Tugendwächter. Sebastian Kohlhepp sang mit schönem lyrischen Tenor die Titelpartie – und sehr wortdeutlich. Kohlhepps Herring blieb darstellerisch vor allem das Muttersöhnchen, sympathisch, sogar im Aufbegehren harmlos, ohne Kante, an der man sich als Zuseher hätte festbeißen können. Mit Schwung und passender Stimme überzeugten Daniel Ochoa (Sid) und Dorottya Láng (Nancy).

Barbara Schneider-Hofstetter als Lady Billow war stimmlich etwas forsch unterwegs, eine Spur zu hochdramatisch, und von der Regie für meinen Geschmack zu trocken-autoritär angelegt. Mit ebenfalls nicht mehr ganz frisch klingendem Sopran gab Birgid Steinberger eine erfrischend gespielte Schulvorsteherin. Morten Frank Larsen war ein stimmlich etwas angestrengt klingender Pfarrer, Jeffrey Treganza ein tenoral (zu) markanter Bürgermeister. Martina Mikelic sang eine moralisch unbestechliche Haushälterin; Elvira Soukop eine besitzergreifende und wenig komische Mutter; rollendeckend die drei Kinder aus dem Kinder- und Jugendchor der Volksoper Wien.Gerrit Prießnitz führte am Pult des Volksopernorchesters mit viel Gespür für Brittens detailreiche Musik durch den Abend. Das Publikum dankte den Ausführenden mit reichlichem Applaus.