LA DAMNATION DE FAUST

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Konzerthaus
3.4.2009
Konzertante Aufführung

Dirigent: Betrand de Billy

RSO Wien

Slowakischer Philharmonischer Chor
Gumpoldskirchner Spatzen

Marguerite - Olga Borodina
Faust - Ramón Vargas
Mephistopheles - Ildar Abdrazakov
Brander - Ante Jerkunica
Stimme aus dem Himmel - Katerina Tretyakova

Multidimensionales Hörerlebnis
(Dominik Troger)

Goethes „Faust“ hat in der Opern- und Konzertliteratur reichlich Spuren hinterlassen. Der Beitrag von Hectior Berlioz zur umfangreichen Rezeptionsgeschichte wurde gestern im Wiener Konzerthaus im Rahmen des konzertanten Opernzyklus präsentiert.

Berlioz „La damnation de Faust“ war zur Zeit seiner konzertanten Uraufführung 1846 Avantgarde – eine Avantgarde deren Ausstrahlung bis weit ins 20. Jahrhundert reicht. Seine Meisterschaft in der Instrumentation, seine Fülle an Ideen, sein Aufwand mit dem Orchesterapparat, seine gewissermaßen mit der Malerpalette abgestimmten Klangfarben, erzeugen ein „multidimensionales“ Hörerlebnis, das durch den Einsatz von komplexen Chören noch gesteigert wird.

Berlioz tut dabei des öfteren ein wenig zu viel des Guten, die klangliche Plastizität im Nachgestalten der von ihm arrangierten Faustszenen führt insgesamt zu einem etwas uneinheitlichen Gesamtbild, verstärkt den Eindruck einer Szenenfolge für den Konzertsaal, vermindert die bühnendramatische Wirkungskraft. Berlioz selbst hat das Werk als „Dramatische Legende“ bezeichnet – und sich derart beide Optionen offen gelassen.

Durchaus gelungene Bühnenproduktionen beweisen zwar, dass eine szenische Umsetzung schwierig, aber nicht unmöglich ist, doch dramatische Interaktionen sind eher rar oder ballen sich zu einem teuflischen Furioso. Berlioz hat das Stück sehr frei nach Goethe gestaltet, Faust hat hier keine Chance auf Erlösung – Mephisto reitet mit dem verliebt-verzweifelten Doktor effektvoll in die Hölle. Margarete „apotheosiert“ in den Himmel.

Bertrand de Billy sorgte mit dem RSO Wien für eine transparente und kontrollierte Umsetzung. Die Sängerinnen und Sänger konnten nicht ganz mithalten. Dem Faust von Ramón Vargas merkte man in den Schlüsselstellen – etwa im Duett mit Margarete – die Herausforderungen der Partie zu deutlich an. Sein Tenor ist mir insgesamt eine Spur zu weich und nachgiebig für diese Rolle. Vargas Stimme besitzt einen leichten Zug ins Baritonale, der ihr eine gewisse Breite in der Mittellage verleiht, ohne aber ihre lyrischen Qualitäten in der Höhe zu vermindern. Die Höhe klingt dadurch weniger durchschlagskräftig und strahlend, es fehlt diese letzer Schwung mitreißender Überzeugungskraft, der gerade hier – auch in Anbetracht des üppigen Orchesterapparates – der romantischen Exaltiertheit dieses Charakters nur nützen könnte.

Olga Borodina konnte der Margarete kaum die erwartete Jugendlichkeit verleihen. Ihre Stimme tendierte zu starkem Vibrato und zu deutlicher Schärfe, sobald sie nur ein bisschen Kraft hineinlegte. Das minderte den Genuss ihres im Lyrischen volltönend und goldstrahlend timbrierten Mezzo stark.

(Nachtrag: Wie ich eben im Merker-Forum lese, sollen sowohl Vargas als auch Borodina durch grippale Infekte beeinträchtigt gewesen sein. Vom Veranstalter wurde vor Beginn aber keine Ansage gemacht.)

Ildar Abdrazakov bot einen guten, geradlinigen Mephistofele. Ein Handwerker des Bösen, aber kein Dämon, dafür fehlte es der Stimme wohl auch an sprichwörtlicher „Schwärze". Ante Jerkunica und die Stimme aus dem Himmel, Katerina Tretyakova, absolvierten ihre kurzen Rollen solide.

Der Slowakischer Philharmonische Chor zeigte vor allem bei den Männerstimmen unter den Berlioz'schen Anforderungen Wirkung, was in manchen Passagen zu einem stimmlich nicht mehr ganz ausgewogenen Vortrag führte.

Das Publikum folgte der Aufführung mit Interesse, aber weitgehend ohne Hingabe. Am Schluss gab es trotzdem viel Applaus für die Mitwirkenden.