LULU-ZITATE

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Nach dem Erfolg des "Wozzeck" war Alban Berg auf der Suche nach einem neuen Opernstoff.

1928/29 entschloss er sich für Wedekinds "Büchse der Pandora". Vorher hatte er versucht, ein Stück von Gerhard Hauptmann, "Und Pippa tanzt", zu vertonen. Aber hier konnte man sich über das Finanzielle nicht einigen. Die Lulu beschäftigte Berg dann bis zu seinem plötzlichen Tod im Dezember 1935 (eine Blutvergiftung in Folge eines falsch behandelten Furunkels). Während die Partiturskizze bereits 1934 fertiggestellt wurde, gedieh die detaillierte Ausführung nur bis einschließlich des zweiten Aktes.

"Der Zirkus spielt musikalisch eine ähnliche Rolle wie das militärische Milieu im Wozzeck; die Fanfare, mit der Lulu beginnt steigert schreckhaft den Marktschreier einer Seiltänzertruppe. Das Werk kennt Klänge wie kunstvolle Orchestrationen jener mechanischen Orgeln, traumhaft vergrößerten Leierkästen, die einmal in den Karussells mit metallenem Lärm rauschten; die Blechbläserbehandlung ist von dort inspiriert. Oft führen in solchem Ton, auch sentimentalisierend, Trompeten die Melodie. Berg hat mitkomponiert und mitinstrumentiert, was die Klänge halbbarbarischer musikalischer Unterwelt als ihr gesellschaftlicher Dunstkreis umgibt, triumphal und trist."
Theodor W. Adorno 1968

"Als es ruchbar wurde, dass Alban Berg Wedekinds "Lulu", das heißt eine Zusammenziehung der beiden Stücke "Erdgeist" und "Die Büchse der Pandora" in einem Abend komponiere, erfolgte ein allgemeines Kopfschütteln aller Vor-Urteiler und Nachdenker"
Heinrich Jalowetz, 1935

"Das gesamte musikalische Geschehen der Oper wird aus einer einzigen, der Erscheinung der Lulu zugeordneten Zwölftonreihe abgeleitet; alle wichtigeren musikalischen Motive werden aus dieser Reihe durch bestimmte, von Berg erfundene Varianten gewonnen. Auf diese Weise gelang es dem Komponisten, alle melodischen und harmonischen Ereignisse des Werkes auf eine einzige musikalische Gestalt zu beziehen so wie der Dichter eine einzige Menschengestalt in den Mittelpunkt des Dramas gestellt hat."
Willi Reich 1957
"Was wäre wohl die dritte Oper Bergs gewesen?"
Pierre Boulez, 1979

Über die posthume Fertigstellung des dritten Akts:

"Alle, die Gelegenheit hatten, das Quellenmaterial einzusehen, haben die Fertigstellung entweder für möglich gehalten oder sogar als dringendes Erfordernis bezeichnet: Krenek, Reich, Redlich, Adorno, Apostel, Zillig, Perle."
Friedrich Cerha, 1979

"...eben ist mir der Knopf aufgegangen über den Vortrag des Lieds der Lulu. Dieses ist durchwegs von der Singstimme aus zu gestalten bzw. vom Dirigenten, der ihr die Singstimme vordirigiert mit all ihren Rubati und Freiheiten. Das Orchester hat durchwegs zu begleiten, d.h. es muss zu der ganz selbständig und frei vorgetragenen Singstimme - zuwipassen..."
Alban Berg, 1934

Quellen
Theodor W. Adorno: Berg. Der Meister des kleinen Übergangs. Suhrkamp Vlg. Frankfurt/Main 1977.
Erich Alban Berg: Der unverbesserliche Romantiker. Öster. Bundesverlg. Wien 1985.
Soma Morgenstern: Alban Berg und seine Idole. Briefe und Erinnerungen. Lüneburg 1995.
Alban Berg. Bildnis im Wort. Selbstzeugnisse und Aussagen der Freunde. Hrsg. v. Willi Reich. "Die Arche" Zürich 1959.
Beilage zur Gesamtaufnahme der dreiaktigen Lulu unter Pierre Boulez. Deutsche Grammophon. 2740 213. 1979
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Was ist atonal?

Die Antwort lässt sich nicht leicht mit einer Formel abtun, die gleichzeitig Definition wäre. Dort, wo dieser Ausdruck zum ersten Mal gebraucht wurde - wahrscheinlich in einer Zeitungskritik -, kann es, wie das Wort deutlich sagt, natürlich nur gewesen sein, um eine Musik zu bezeichnen, deren harmonischen Verlauf nicht den bis dahin bekannten Gesetzen der Tonalität entsprach. ... Die Bezeichnung "atonal" geschah zweifellos in der Absicht, herabzusetzen, so wie dies bei den zur selben Zeit aufgebrachten Worten, wie arhythmisch, amelodisch, asymmetrisch der Fall ist, ..., so dass diese Bezeichnung heute eigentlich so viel heißt, wie keine Musik, ja, wie Unmusik. ... Ich sage Ihnen, dass dieser ganze Schrei nach Tonalität nicht so sehr dem Bedürfnis nach einer Bezogenheit auf einen Grundton entspricht, sondern vielmehr dem Bedürfnis nach bekannten Zusammenklängen, sagen wir es offen, nach dem Dreiklang - und ich glaube behaupten zu können, dass eine Musik, wenn sie nur genügend solche Deiklänge enthält, nicht Anstoß erregt, auch wenn sie sonst noch so sehr den heiligen Gesetzen der Tonalität widerspricht.
Alban Berg in einem Radiogespräch, 23. April 1930