WOZZECK |
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Wiener Staatsoper Dirigent:
Dennis Russell Davies |
Wozzeck - Matthias Goerne |
Die Wiener Staatsoper hat an zwei aufeinander folgenden Sonntagen Alban Bergs „Wozzeck“ zur Kaffeejause am Nachmittag gespielt: Beginn jeweils 16.00 Uhr! Das ist eine ziemlich merkwürdige Programmplanung. Matthias Goerne sang zwar die Titelpartie – aber die eigentliche dynamische Kraft in dieser Vorstellung war Evelyn Herlitzius als Marie. Ihre vernarbte, zu impulsiven Ausbrüchen fähige Stimme war hier am richtigen Ort. Das „Rühr mich nicht an“, das sie dem Tambourmajor ins Gesicht schleuderte, ging durch Mark und Bein – aber Herlitzius verstand es genauso, die emotionale Spannung, die Marie zwischen erotischem Abenteuer und Bibellektüre hin und her reißt, auf die „Messerspitze“ zu treiben. Das Resultat war ein expressionistischer Seelen-Striptease, der im sekundenlang verzuckenden Leib der eben Hingemordeten ein nahezu „hyperrealistisches“ Ende fand. Goernes Wozzeck bestand in einer dumpferen, grüblerischen Art: Vom Aussehen passend, vom Spiel intensiv, setzte nur Goernes gaumiger Bariton der Bühnenpräsenz des Sängers einigen Widerstand entgegen. Eine gewisse Schwammigkeit in der Artikulation nahm Wozzecks Worten zu oft den raumgreifenden Nachdruck und setzte ihn gegenüber dem Orchester in Nachteil. Um Goerne und Herlitzius gruppierte sich an diesem Nachmittag ein sehr gutes Staatsopernensemble. Wolfgang Bankl hat sich den Doktor als zynischen Wissenschaftler adaptiert, Herwig Pecoraro war ein Hauptmann mit Charakterschärfe, Norbert Ernst ein kräftig aussingender Andres, Herbert Lippert ein brutaler, etwas forcierender Tambourmajor. Überzeugend auch Margret (Monika Bohinez) die Handwerksburschen (Andreas Hörl, Clemens Unterreiner) und der Narr (Peter Jelosits) sowie der Chor. Das Orchester unter Dennis Russel Davies ließ durchaus die sinnlichen Seiten der Musik anklingen, wie diese „Mahlererinnerungen“ im Schmerz über das Schicksal der beiden „armen Leut“. Nach Verklingen des letzten Tones dauerte es überraschend lange, bis der Applaus einsetzte und eine intensiv erlebte Nachmittagsvorstellung beendete. Diese
Aufführung war der dritte und letzte (!) „Wozzeck“ in
dieser Saison – und in der kommenden Saison steht die Oper nicht
auf dem Spielplan. |