LULU

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Premiere
Wiener Staatsoper
1.3.2002


Dirigent: Michael Boder

Lulu - Marlis Petersen
Gräfin Geschwitz - Graciela Araya
Dr. Schön/Jack - Franz Grundheber
Alwa, sein Sohn - David Kuebler
Tierbändiger/Athlet - Wolfgang Bankl
Schigolch - Rudolf Mazzola
Gymnasiast - Stella Grigorian

Maler - Michael Roider
Theater-Garderobiere - Waltraud Winsauer
Medizinalrat - Klaus Ofczarek
Prinz/Kammerdiener - Benedikt Kobel
Theaterdirektor - Alfred Sramek


Repertoire im Abo
(Dominik Troger)

Nach der Premiere vor rund zwei Jahren schien es, als könnte sich die "Lulu" endlich ihren Platz im Repertoire sichern - aber noch immer verlassen nicht wenige Besucher während der Aufführung das Haus oder machen sich dezent in der Pause davon.

Der Stehplatz war dreiviertelleer. Und die Sitzplatzreihen, die hauptsächlich mit Besuchern der Abonnementgruppe 5 gefüllt waren, outeten sich auch nicht gerade als enthusiastische Alban Berg-Fans. So ist es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis die "Lulu" wieder vom Spielplan verschwinden wird, um dann in ein paar Jahren wieder aus der Versenkung emporzutauchen. Und dann werden vielleicht wieder ein paar Besucher mehr mit diesem Werk was anfangen können.

Dabei war es war eine ganz gute Aufführung. Der Schwung und die Exaktheit der Premierenserie, die hatten sich natürlich verloren. Mit Marlis Petersen hat sich eine neue "Lulu" dem Publikum vorgestellt - nicht unüberzeugend, aber in Summe wohl ein wenig Opfer des großen, etwas desinteressierten Hauses, dass keine erotisch-sinnliche Nähe evozierte. Ich dachte mir dann überhaupt, dass man die Lulu als Kammerstück aufführen müsste, um aus dem Konversationston wirklich das unterschwellige sexuell-determinierte Feuer herauszukitzeln. Das Orchester unter Michael Boder bemühte sich darum - und hatte just auch mit dieser "Leere" zu ringen, mit der fehlenden Unmittelbarkeit des Dargebotenen.

Wirklich packend wurde es eigentlich nur, wenn Franz Grundheber auf der Bühne stand, sei es beim fatalen "Revolverduell" mit Lulu, sei es als Jack the Ripper ganz am Schluss. Da passierte dann wirklich was, zwischen Lulu und diesem Dr. Schön. Da ahnte man ein wenig von der verhängnisvollen triebhaften Verstrickung, die diese beiden Menschen aneinanderkettet. Dankbar war man auch für die Pointensetzung eines Rudolf Mazzola als Schigolch und des Athleten von Wolfgang Bankl. Ja, ja, diese rosa Trikots... Ausgelotet wurden die Möglichkeiten freilich nicht. Es zeigte sich auch, dass das helle Bühnenbild das Werk nicht stützt, sondern zusätzlich abstrahiert und noch mehr Ferne als intime Nähe erzeugt.

Vor diesem Hintergrund scheint die Frage nach der gewählten Lulu-Fassung - mit oder ohne Cerhas-Vervollständigung - nebensächlich. Wer "Lulu" im Abonnement spielt, muss wohl auf die kürzestmögliche Variante setzen.

Der Teil des Publikums, der durchgehalten hat, bedankte sich mit viel Applaus.