LA SONNAMBULA
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Wiener Staatsoper
13.5.2002

Musikalische Leitung: Stefano Ranzani

Graf Rodolfo - Egils Silins
Teresa - Nelly Boschkowa
Amina - Natalie Dessay
Elvino - Juan Diego Flórez
Lisa - Simina Ivan
Alessio - Boaz Daniel
Ein Notar - Roland Winkler

Tenoraler Höhenflug
(Dominik Troger)

Zum Schlafwandeln war dieser Abend nicht, aber nur deshalb weil Juan Diego Florez und Natalie Dessay auf der Bühne standen. Ansonsten hätte man schon ein Nickerchen (hoffentlich ohne unerwünschte somnambule Nebenwirkungen) riskieren können...

Stefano Ranzani hat schon bei der Premiere im Oktober 2001 nicht gerade mit besonderem Esprit geglänzt, und auch nur sehr wenig Gefühl für diese frühromantischen Bellini'schen Klangfarben-Arrangements aufgebracht. Nun, davon ist inzwischen überhaupt nichts mehr übrig geblieben. Ziemlich lähmend war, was da als undefinierbare Belcanto-Sauce aus dem Orchestergraben tropfte.

Aber - wo das Orchester welkte, da blühten die Stimmen. Das heißt, da blühte allen voran Juan Diego Florez. Mühelos und raumfüllend durchmisst er den Bellini'schen Kosmos bis in alle Höhen, und seine Stimme lässt ihn nirgendwo im Stich, kraftvoll-lyrisch, umschmeichelt von einem schmelz- und gehaltvollen Timbre. Eine Stimme, die auch in der Attacke nicht ihr Ebenmaß verliert. Das Publikum zögerte keine Zehntelsekunde, ihn beim Schlussvorhang mit Ovationen zu überschütten - und dabei war es doch nur eine "ganz normale" Repertoire-Aufführung gewesen.

Natalie Dessay ist nach monatelanger Bühnenabstinenz wieder zurückgekehrt - um mit der Sonnambula eine Art von "Comeback" zu wagen. Sie war ursprünglich für die Premiere vorgesehen gewesen und hatte dann relativ kurzfristig abgesagt. Geredet wird immer viel, wenn ein Opernabend lang ist, aber es soll sich dabei um gröbere Stimmprobleme gehandelt haben. Sonderlich "ausgeruht" und entspannt wirkte ihre Stimme jedenfalls nicht. Auffallend war, dass so mancher hohe Ton nur schwer errungen und so mancher überhaupt nicht gesungen wurde - was nahelegt, das hier immer noch eine gewisse Unsicherheit vorherrscht. Dazwischen gab es wunderschöne, poetische Phrasen (etwa die Nachtwandlerinnen-Szene im zweiten Akt). Auch Dessay durfte sich an Ovationen erfreuen - und das wird ihr sicher auch sehr gut getan haben.

Die restliche Besetzung war ident mit der Premiere - mit allen dort genannten Vorzügen und Schwächen: die Lisa (Simina Ivan) hat in den Koloraturen nichts von ihrer Schärfe verloren und Egils Silins ist ein Graf mit noblem Wohlklang, aber irgendwie ohne Begeisterung.

Und die Szene? Das Servierwägelchen mit der mehrstöckigen Hochzeitstorte hätte ein eifriger Statist beinahe in einen gröberen Verkehrsunfall gelenkt, er konnte es aber noch vor dem Umkippen bewahren, nur ein paar Tortenstücke "kollerten" auf den Boden. Dass in der Sonnambula Schneeschaufler vorkommen, war mir auch nicht gewärtig. Sie versuchen nach Beginn des zweiten Aktes eine Zeitlang, die in den Sanatoriumssaal eingedrungene Lawinenzunge "aufzuarbeiten" - auch mit einer dekorativen Scheibtruhe versehen. Irgendwie kam mir die Inszenierung diesmal schon ein wenig dümmlich vor...