I PURITANI
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Wiener Staatsoper
7. Jänner 2018

Dirigent: Evelino Pidò

 

Lord Gualtiero Valton - Ryan Speedo Green
Sir Giorgio - Jongmin Park
Lord Arturo Talbo - Dmitry Korchak
Sir Riccardo Forth - Adam Plachetka
Sir Bruno Roberton - Leonardp Navarro
Enriquetta di Francia - Ilseyar Khayrullova
Elvira - Venera Gimadieva

I puritani nach drei Jahren wieder im Repertoire
(Dominik Troger)

Die Wiener Staatsoper hat Vincenzo Bellinis „I puritani“ mit drei Vorstellungen wieder in den Spielplan aufgenommen. Die Produktion – eine Inszenierung von John Dew – stammt aus dem Jahr 1994 und hat es inzwischen laut Programmzettel auf 64 Aufführungen gebracht.

Die letzte Aufführungsserie des Werkes im Haus am Ring liegt drei Jahre zurück. Damals hat sich Olga Peretyatko dem Wiener Publikum als Elvira vorgestellt. Diesmal nahm sich mit Venera Gimadieva ebenfalls ein junger russischer Koloratursopran, der Partie an (Hausdebüt in der Vorstellung am 4. Jänner). Gimadieva ist nur wenige Jahre jünger als Peretyatko, ihre Stimme nach dem Eindruck dieser Vorstellung etwas größer, im Timbre weniger funkelnd, und mit einer leicht herben, jedenfalls individuellen Note, sowie einer metallischen Beimischung versehen. Die Mittellage klang mir für eine junge, überspannt liebende Mädchenfigur der romantischen Oper fast schon zu abgeklärt im Leiden – und trotz locker und detailfreudig gesetzter Koloraturen wollte sich bei mir nicht diese Sinnlichkeit einstellen, mit der Bellini etwa Elviras große Szene im zweiten Akt musikalisch durchtränkt hat.

Gimadieva überzeugte mich dort, wo sie sich einer mehr „praktischen Sichtweise" verschreiben konnte, etwa nach der Wiederbegegnung mit Arturo. Die mit einer gewissen Zurückhaltung gesetzten Spitzentöne vermittelten den Eindruck, als wollte die Sängerin mehr Sicherheit walten lassen. Sie nützte auch nicht alle Gelegenheiten (etwa Finale des 1. Aktes) um sich mit „feurigen Acuti" zu profilieren. Peretyatkos Elvira (um den Vergleich noch einmal aufzunehmen) hat nach meinem Eindruck mehr aus der Partie herausgeholt, war feingliedriger in der Ausgestaltung, begleitet von einer kühlen Brillanz.

Ihr Arturo – Dmitry Korchak – ließ einen schon ins „Zwischenfach“ strebenden Tenor hören, der für die subtilen Lyrismen des „A te, o cara“ bereits zu schwergängig war, aber beherzt und mit etwas nachdrücklicher Höhengewandtheit nach der Pause zu sehr guter Form auflief. Das deutliche Metall seines Organs unterstrich allerdings nicht die Süßigkeit der „Bellini'schen Kantilene“ – die manchmal viriler erschien, als sie vielleicht sein sollte. Zu den gelungensten Passagen des Abends zählte das Duett mit Elvira im dritten Akt, wo sich beide dann auch emotional auf Bellini „eingeschworen“ hatten.

Adam Plachetka und Jongmin Park wussten als Riccardo und Giorgio ihr Duett am Ende des zweiten Aktes effektvoll zu exekutieren. Plachteka konnte dabei seinen kräftigen Bassbariton höhensicher ins Spiel bringen. Ansonsten war sein grobkörniges Organ bei den zarteren Tönen und „süßen“ Liebesträumen des Belcanto aber am falschen Ort. Jongmin Park, dem bald eine große internationale Karriere ins Haus stehen wird (bei seinen Stimmqualitäten ist das keine gewagte Prophezeiung), brachte seine Partie im Vergleich viel durchgestalteter zur Geltung. Die kleineren Rollen hinterließen einen eher positiven (Leonardo Navarro als Bruno, Ilseyar Khayrullova als Enriquette) oder einen etwas indifferenten Eindruck (Ryan Speedo Green als Gualterio). Der Chor schien mir vor der Pause noch nicht so ganz auf Betriebstemperatur gebracht.

Evelino Pidò am Pult versteht es meist, für spannende Opernabende zu sorgen, der schwebende „Bellini-Flow“ kam dabei jedoch etwas unter die Räder (wurde aber auch auf der Bühne nur selten erreicht). Immerhin ist es bei Bellini oder auch Donizetti nicht selbstverständlich, dass das Staatsopernorchester zu differenziertem Spiel angehalten und mit Gestaltungsanspruch geführt wird.

Die Inszenierung von John Dew, der das Finale abgeändert hat (es gibt kein Liebesglück, weil Riccardo Arturo ermordet), hat schon zur Premiere trotz ihres konzeptuellen Ansatzes so verstaubt und statisch ausgesehen, wie sie einem jetzt, nach bald einem Vierteljahrhundert, entgegentritt. Da ist auch eine Kunst.

Es gab rund fünf oder sechs Minuten langen Schlussapplaus für ein (vor allem nach der Pause) respektables Lebenszeichen von „I puritani“ im Staatsopernrepertoire.