FIDELIO

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Staatsoper
20. Februar 2025

Dirigent: Axel Kober


Leonore - Simone Schneider
Florestan - Michael Spyres
Don Pizarro - Jordan Shanahan
Rocco - Georg Zeppenfeld
Marzelline - Florina Ilie
Jaquino - Daniel Jenz
Don Fernando - Peter Kellner
1. Gefangener - Thomas Köber
2. Gefangener - Ion Tibrea


„Schmalkost im Hause Rocco
(Dominik Troger)

Wenig Enthusiasmus weckte die dritte von vier „Fidelio“-Vorstellungen an der Wiener Staatsoper. Die Aufführung benötigte bis zur Pause, um einigermaßen in Schwung zu kommen.

Ursprünglich hätte in dieser Aufführungsserie Bryn Terfel sein Staatsopern-Rollendebüt als Don Pizarro geben sollen, nach dessen Absage wurde die Partie „zweigeteilt“. In den ersten beiden Vorstellungen sprang Tomasz Konieczny ein, für die dritte und die vierte wurde Jordan Shanahan angesetzt.

Tomasz Konieczny hat die Partie schon mehrmals an der Staatsoper gesungen. Sein Pizarro ist ein lautstarker, grimmiger Kerl, an dessen abgrundtiefer Bosheit man keinen Sekunde lang zweifelt. Diesbezüglich konnte ihm Jordan Shanahan nicht das Wasser reichen. Shanahan, zuletzt als Barak in Tobias Kratzers „Frau ohne Schatten“-Banalisierung an der Deutschen Oper Berlin im Einsatz, klang im Vergleich zu wenig durchsetzungsstark. Sein Bariton ist allerdings schöner timbriert. Die Szene im Kerker gelang eindringlicher.

Leonore, die große Gegenspielerin des bösen Kerls, zeigte viel Respekt vor Beethovens Noten. Ihre große Arie trug sie mehr mit Vorsicht, als mit Enthusiasmus vor. Simone Schneider hat sich als Sieglinde und Chrysothemis an der Staatsoper schon nachdrücklicher empfohlen. Ihr zu rettender Gemahl wurde von Michael Spyres verkörpert. Der Sänger scheint jetzt stark in das deutsche Fach zu drängen: nächstes Jahr Tristan (!) an der New Yorker Metropolitan Opera. Spyres steigerte das „In den Lebens Frühlingstagen“ zu einer überzeugenden „Freiheitsvision“, das „Gott“ gleich am Beginn hat er passend crescendiert. Das Timbre seines Tenors hinterlässt einen leicht bronzenen, baritonalen Eindruck, dem in der Höhe eine helle, strahlende Beimischung fehlt, wodurch der „Hoffnungs- bzw. Befreiungsjubel“ an Leuchtlkraft einbüßte.

In Roccos Haushalt herrschte mehr Langeweile als Singspielton. Georg Zeppenfeld gestaltete den Kerkermeisters mit nobler Zurückhaltung und mit mir schon zu hellem, zeitweise auffallend leisem Bass. Florina Ilie sorgte gleich zum Einstieg für eine sopranschmale und vibratolastige Marzellinen-Arie. Daniel Jenz verlieh der undankbaren Rolle des Jaquino einige Präsenz. Peter Kellner sang einen etwas raustimmigen Don Fernando. Der Gefangenenchor ist schon mitreißender in diesem Haus erklungen. Immerhin schwang sich das Orchester unter Axel Kober nach der Pause zu einer guten dritten Leonoren-Ouvertüre auf. Doch über weite Strecken schleppte sich der Abend zäh dahin, nicht immer alles ganz perfekt ausgeführt, und ein bisschen ermattet wirkend.

Doch mit dem Schlussbild kann sich auch eine wenig überzeugende „Fidelio“-Vorstellung in ein beeindruckendes Finale retten. Die Staatsopernproduktion von Otto Schenk in den Bühnenbildern von Günther Schneider-Siemssen bietet dafür ein besonders symbolkräftiges Bild: eine breite Zugbrücke senkt sich herab, das Volk samt Minister begrüßen jubelnd Leonore und Florestan, die wieder vereint sind. Das Bühnengeschehen wird zu einem sinnstiftenden Akt der Befreiung und der erfüllten (!) Hoffnung – ganz so wie es Beethovens Musik in ihrem jubelnden, humanitären Bekenntnis ausformuliert. Der Schlussapplaus hatte eine Dauer von rund sieben Minuten.

PS: Es existieren Gerüchte, dass auch diese Inszenierung, die schon einige Jahrzehnte „auf dem Buckel“ hat, abgelöst werden soll. Nun hat es in den letzten 20 Jahren in Wien insgesamt fünf (!) szenische Neuproduktionen des „Fidelio“ gegeben: drei im Theater an der Wien, eine an der Volksoper und eine an der Staatsoper (die Erstfassung von 1805). Keine einzige davon hat dem Schenkschen-Entwurf das Wasser reichen können. Warum? Weil Otto Schenk Beethovens naiver Humanität vertraut hat, und weil es ihm gelungen ist, die Handlung wie aus einem Guss zu präsentieren. Dazu gesellt sich in dieser Produktion eine positiv-imaginative Schlusszene, die das Finale begeisternd überhöht.