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Die letzte Fidelio-Aufführung der Saison wurde zu einem Beethoven-Leckerbissen, getragen von einer durchwegs guten Ensemble-Leistung und einer aufregend musizierten 3. Leonoren-Overtüre. Unter der Leitung von Peter Schneider besann sich das Orchester wieder aller philharmonischen Tugenden, und kontrapunktierte die ausgedörrte Klagfahlheit der Zauberflöten-Premiere unter Roger Norrington mit einem lebhaft musizierten Fidelio, in dem das federnde Auf- und Ab zwischen Verzweiflung und vorwärtstürmender Hoffnungs-Motivik so recht zum Tragen kam. Wunderschön wie sich der Streicherklang in der 3. Leonore vor dem Finale aufperlte und sich in die schwungvolle Vielfalt dieser Beethovenschen Apotheose ergoss. Das war gleichsam ein zuerst zart aufschießender musikalischer Springbrunnen, der dann zu einer Fontäne wurde, wobei aber die Ausdifferenziertheit der Instrumentengruppen immer gewahrt blieb - und Peter Schneider zählt derzeit im Haus am Ring sowiesozu den profiliertesten Dirigenten für das deutsche Fach. Wie positiv sich kraftvollbelebte Musizieren auf das Sängerensemble auswirkt, konnte man ebenfalls miterleben. Überall dort, wo Ausdruck oder Stimmcharakter nicht ideal waren, konnte die musikalische Spannung aus dem Orchestergraben ausgleichend wirken und in Homogenität den Abend zu einer musikalischen Gesamtleistung führen, die sich vor keiner Premiere zu verstecken brauchte. Denn die Besetzung war zwar gut, aber nicht in allen Rollen ideal. Wobei "ideal" in diesem Falle auch meint, dass der Stimmcharakter und die Ausdrucksfähigkeit der Sänger - neben der rein technischen Beherrschung der Partie, die eigentlich vorausgesetzt werden muss - zur Rolle passen. Und so wird Monte Pederson, so sehr sein schöner Bariton zu würdigen ist, nie ein dämonisch-bösewichtiger Don Pizarro sein können - weil ihm schon die entsprechende Klangfarbe in seiner Stimme fehlt. Inga Nielsen (Rollendebut 7.6.) ist auch (noch) kein Fidelio, der sich an den dramatischen Stellen dieser Partie wirklich wohlfühlt, dafür entschädigten ihre mitfühlsame Rollengestaltung und ihr lyrisch angehaucher Sopran, die das heroische, dass sich sonst gerne in den Fidelio einschleicht, in liebende Demut und Opferbereitschaft wandelten. Der Rocco von Franz-Josef Selig (ebenfalls Rollendebut 7.6.) ermangelte völlig der bodenständigen Derbheit eines Kerkermeisters. Dieser blasse Charakter, der man aber keine stimmliche Inkonsistenzen nachsagen könnte, war wohl die einzige Enttäuschung des Abends. Dafür entschädigten Jaquino, Mathias Zachariassen (Rollendebut 7.6.), und Edith Lienbacher als Marzelline, neben tadellosem Gesang auch mit Spielwitz und Humor. Besonderes Augenmerk richtete sich natürlich auf Gösta Winbergh als Florestan. Der an Mozart geschulte Winbergh zeigte nun par excellence welche gestalterischen Möglichkeiten Beethoven dem in Ketten schmachtetenden Florestan in die Gurgel gelegt hat. Winbergh begann das "Gott" leise zu singen, noch liegend, den Kopf dem Auditorium abgewandt, gleichsam wie im Traum, um dann erst nach und nach erwachend und sich aufrichtend, den Ton in die Bruststimme zu übernehmen. Und es war ergreifend wie er immer lauter und intensiver das eine Wort zur fragenden, schreienden Anklage an den Schöpfer herausschmetterte. Wortdeutlich und den Wortsinn ausgelotet die ganze Arie, mit stimmsicherer Expressivität in der Ausdeutung seine gesamte Rollengestaltung: Dieses Wissen um die interpretatorischen Möglichkeiten einer Rolle ist rar (und hätte der letztwöchigen Zauberflöten-Premiere auch sehr gut getan...) . |