LA FEDE NE' TRADIMENTI
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Konzerthaus Musikalische Leitung: Fabio
Biondi |
Fernando - Ann
Hallenberg |
Eine barocke Opernrarität bot das Konzerthaus zum Abschluss des Resonanzen-Festivals. „La fede ne' tradimenti“ von Attilio Ariosti erwies sich als Opernvergnügen für Feinschmecker. Attilio Ariosti (1666-1729) hat die Instrumentalmusik um „57 Sätze für Viola d'amore“ bereichert, auf seine Opern stößt man aber meist nur im Zusammenhang mit Georg Friedrich Händels Londoner Jahren. Das 1701 in Berlin (!) uraufgeführte Werk „La fede ne' tradimenti“ verdankt seine Wiederentdeckung der Erforschung der Berliner Musikgeschichte, die Partitur erschien 2002 in einer kritischen Ausgabe. Ariosti wurde in Bologna geboren, trat in den geistlichen Stand, erlangte erste Opernaufführungen in Venedig und kam Ende des 17. Jahrhunderts nach Berlin an den Hof Sophie Charlottes Herzogin von Braunschweig und Lüneburg, wo er bis 1703 verblieb. Einige Jahre später fand er sich in London ein und wurde dort zu einem führenden Opernkomponisten. In Berlin ist Ariosti angeblich auch mit dem jungen Händel zusammengetroffen (der aktuelle Forschungsstand zu dieser Begegnung entzieht sich meiner Kenntnis). Das Libretto von „La fede ne' tradimenti“ basiert auf einem Text von Girolamo Gigli. Die Handlung – zwei verfeindete Herrscher heiraten schlussendlich die Schwester des jeweils anderen – spielt im mittelalterlichen Spanien. Bei den genannten Anknüpfungspunkten drängt sich ein Vergleich mit Händels Opernschaffen auf. Händel ist der deutlich musikdramatischere Komponist, der die Virtuosität der Sänger und die Affekte stärker ins Rampenlicht rückt. Allerdings handelt es sich bei „La fede ne' tradimenti“ um eine frühe Oper Attilio Ariostis und sagt nichts über dessen Londoner Wirken aus. Die Musik gibt sich im Stil oft sinnlich, in der Behandlung des Orchesters eher kammermusikalisch, oft mit überraschender und Effekt machender Instrumentation: Arien mit Harfen und Theorben Begleitung (für deren feinen Klang das Konzerthaus als Saal schon zu groß ist) oder mit dem Esprit vivaldischer Streicherkunst versehen (der Dirigent, Fabio Biondi, mit seiner Violine begleitend), auffallende Farbtupfen der Holzbläser, überraschende, innehaltende Pausen etc. Bei den Singstimmen herrscht oft eine galante und amouröse Grundhaltung. Die MusikerInnen des Ensembles Europa Galante trafen für meinen Geschmack den richtigen Tonfall, sensibel, mit Attacke, wenn es darauf ankam, klangschön und mit viel Gespür für Nuancen. Ausgewogen und stimmlich gut aufeinander abgestimmt zeigte sich das Ensemble. Ann Hallenberg gab den Fernando. Die schwedische Mezzosopranistin überzeugte mit Gestaltungsgabe und ihrer klaren, leuchtend timbrierte Stimme, die man mit der Metapher „seelenvolle Eleganz“ umschreiben könnte. Mit der Arie "Questi ceppi" im zweiten Akt steuerte sie den Höhepunkt des Abends bei, ein Stück voll schwebender Bezauberung, in dem die überwundene Angst Fernandos noch im Orchester nachschwingt, während er selbst aus seiner Liebe Hoffnung schöpft. Lucia Cirillos Mezzo – im Vergleich etwas schlanker, dunkler und mit einem Hauch von Verführung - hob sich als Elvira gut von ihrem Bruder Fernando ab. Roberta Invernizzi, ebenfalls ein erprobte Sängerin in diesem Genre, erweckte Ariostis Musik genussvoll zum Leben. Johannes Weisser war am Podium der (junge) „Hahn im Korb“ mit seinem angenehm erklingenden, allerdings nicht ganz so klar fokussierten Bariton. Das Konzerthaus war schon zu Beginn nicht bis auf den letzten Platz gefüllt, in den zwei Pausen lichteten sich die Reihen merklich. Ein Beginn um 19.00 hätte vielleicht die eine oder andere „Abwanderung“ verhindert – denn so dauerte der Abend von 19.30 fast bis 23 Uhr. Es gab starken Schlussapplaus. |