200 JAHRE THEATER AN DER WIEN
Aktuelle Spielpläne
Forum
Opernführer
Chronik
Startseite

200 JAHRE IM ÜBERBLICK

Das Theater an der Wien hat in der Wiener Operngeschichte immer wieder eine wichtige Rolle gespielt. Nicht nur Beethovens erste Fidelio-Fassung kam hier zu Aufführung. In den ersten fünfzig Jahren seines Bestehens nahmen Opernaufführungen eine wichtige Rolle in der Spielplangestaltung ein, in der zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde es zum Zentrum des Wiener Operetten-Kultes. Von 1945-1955 fand die Wiener Staatsoper nach der Zerstörung des Hauses am Ring in den Märztagen 1945 eine vorübergehende Heimstätte. Nach vielen Jahren als Musical-Bühne mit Opernaufführungen während der Wiener Festwochen, wird das Theater an der Wien jetzt wieder als Opernhaus bespielt.

Am Samstag, den 13. Juni 1801, wurde das Theater an der Wien nach einer sehr kurzen Bauzeit von knapp mehr als einem Jahr eröffnet. Bereits 1786 hatte Emanuel Schikaneder um die Bewilligung zum Bau eines Theaters am Glacis vor dem Burgtore eingereicht. Aber Intrigen und Geldmangel verhinderten eine Ausführung der Pläne. Erst 1799 hatte Schikaneder mit dem Kaufmann Bartholomäus Zitterbarth einen willigen Finanzier an der Hand. Der Baugrund für das neue Theater lag in unmittelbarer Nähe des Freihaustheaters an der Wien, dem Uraufführungsort der Mozartschen "Zauberflöte", unter Schikanders Direktion und Textierung.

Schikeneder schaffte das Kunststück am 12. Juni im Freihaustheater noch eine Abschiedsvorstellung zu geben, an die am nächsten Tag, im neuen Haus, nahtlos angeschlossen wurde. Gegeben wurde zur Eröffnung die heroische Oper "Alexander" (Text: Schikaneder, Musik: Franz Teyber, der damalige Theaterkompositeur).

Schikaneder, Theaterprofi wie er war, hatte das Haus nach den neuesten technischen Erkenntnissen und ganz nach seiner Bühnenerfahrung ausgestattet. Es bot Platz für über 2.000 Personen, vor allem wegen der großräumig ausgelegten Stehplätze. Die Meinungen über das neuerbaute Haus waren vorzüglich, unter anderem notierte die Leipziger Allgemeine Zeitung am 17.6.1801, es "ist, was Dekorationen, Maschinerie u.dgl. betrifft, so reichlich ausgestattet, als kaum ein Operntheater in Deutschland." Aber auch in Wien hatte Schikaneder mit dem Theater an der Wien die Hoftheater an der Bequemlichkeit der Zuschauerräume und von der Bühnentechnik her ausgestochen. Schlussendlich wäre die Eröffnung noch beinahe an den fehlenden behördlich vorgeschriebenen Sicherheitsvorkehrungen gescheitert und die Stadt Wien musste mit provisorischen Feuerspritzen aushelfen. (Übrigens: Das Theater an der Wien durfte damals Opern nur in deutscher Sprache aufführen.)

In den nächsten Jahren zeigte sich allerdings, dass es zum erfolgreichen Führen eines Theaters vor allem auch eines sehr gutes Gefühl für die jeweilige Finanzlage bedarf. Schikaneder, in den ersten Jahren als Direktor sehr erfolgreich, konnte das Geld ebensowenig zusammenhalten, wie die meisten seiner Nachfolger.

Emanuel Schikaneder 1801-02
Bartholomäus Zitterbart, 1802-04, mangels Theaterpraxis tatkräftig unterstützt von Schikaneder als "Schattendirektor"
Peter Freiherr von Braun, 1804-06, zuerst unterstützt von Joseph von Sonnleithner, dann wieder von Schikaneder, dessen Beliebtheit zu diesem Zeitpunkt aber schon im Sinken begriffen war
Die "Gesellschaft der Kavaliere",1807-13 ein "Konsortium" von Fürsten und Grafen, die eine Zeitlang auch die Hoftheater unter ihren Fittichen hatten
Ferdinand Graf Palffy, 1813-25, (tlw. mit diversen Administratoren zur Unterstützung) der dem Theater letztlich sein ganzes Vermögen aufopferte, und der mit seinen nach fünf Jahren verbotenen "Kinderballetts" indirekter Auslöser des Sittenskandals um Fürst Kaunitz war
Karl Carl, 1825-45, mit dem das Theater an der Wien eigentlich erst richtig zum "Vorstadttheater" wurde und der Oper und Ballett fast gänzlich aus dem Haus verbannte. Dafür ging unter seiner Fittichen Nestroys Stern am Wiener Theaterhimmel auf. Carl verstand es übrigens auch, finanziell erfolgreich zu agieren. (Allerdings wird ihm bezüglich Honorarzahlungen etc. ziemliche Knausrigkeit nachgesagt.)
Franz Pokorny 1845-50 Pokorny träumte den Traum von der großen Oper und ging damit einem finanziellen Desaster entgegen, das auch sein Sohn,
Alois Pokorny 1850-62, nicht aufzuhalten vermochte.
Mit dem von den Gläubigern eingesetzten Direktor Friedrich Strampfer, 1862-69 begann dann die sehr erfolgreiche Operettenzeit. Er schloss einen Dreijahres-Vertrag mit Jaques Offenbach. 1865 ging "Die schöne Helena" mit Maria Geistinger in der Titelrole über die Bühne. Es folgten im selben Jahr noch 65 (!) Aufführungen.
In den nächsten 70 Jahren war das Theater an der Wien hauptsächlich Mittelpunkt der Operette, was die Uraufführungen von Dauerbrennern wie Die Fledermaus (1874), Der Bettelstudent (1882), Der Zigeunerbaron (1885), Der Vogelhändler (1891), Die lustige Witwe (1905) und Gräfin Mariza (1924) eindrucksvoll belegen.

Von 1945 bis 1955 kehrte die Oper wieder dauerhaft - als "Ausweichquartier" für die heimatlos gewordene Staatsoper - ins Theater an der Wien zurück. Und als diese wieder auszog, um das wiederaufgebaute "Haus am Ring" in Besitz zu nehmen, bestand mehrere Jahre die ernsthafte Gefahr, dass das Theater an der Wien der Spitzhacke ausgeliefert werden könnte. (Dem städteplanerischen "Großaufräumen" nach dem zweiten Weltkrieg sind bekanntermaßen einige Kulturdenkmäler, und darunter nicht nur Theater, zum Opfer gefallen. )

1960 erwarb die Gemeinde Wien das Haus. Es wurde zu einem Spielort der Wiener Festwochen, später des Osterklang-Festivals und des Klangbogen Wien. Seit Ende der 60er Jahre diente es vor allem als Musicalbühne (u.a. "Anatevka", "Cats", "Phantom der Oper", "Elisabeth").

Frühjahr 2001 wurde wieder öfter davon gesprochen, das Theater an der Wien vermehrt für Opernaufführungen zu nützen. Es gab Ideen, die Volksoper ins Theater an der Wien zu übersiedeln und das Musical an den Währinger Gürtel auszulagern. Dagegen sprachen vor allem die begrenzten Platzkapazitäten im Theater an der Wien, die einen Repertoirebetrieb mit mehreren unterschiedlichen Stücken pro Woche nur als schwer bewältigbar erscheinen ließen.

2004: In diesem Jahr wurde beschlossen, das Theater an der Wien wieder als Opernhaus zu führen. Startzeitpunkt: das Mozartjahr 2006. Zum Intendanten wurde Roland Geyer bestellt, Leiter der Wiener Musikfestivals Osterklang und Klangbogen.

8.1.2006: Feierliche Inauguration des neuen, "alten" Opernhauses.

2006 - © Dominik Troger

Opernaufführungen 1801-1845 (Auswahl)

1801: Titus (Mozart); 1802: Die Zauberflöte, Don Juan (Mozart), drei Opern in deutscher Bearbeitung von Cherubini, 1803: Die Entführung aus dem Serail, Das Labyrinth oder Der Kampf mit den Elementen (Winter - der 2. Teil der Zauberflöte - Text von Schikaneder); 1805: Fidelio (1. Fassung); 1808: Armida (Gluck); 1809: Die Hochzeit des Figaro; 1810 Iphigenie auf Tauris (Gluck); 1813: Abu Hassan (C.M.v.Weber); 1814: Der Schauspieldirektor (Mozart); 1817: Tancredi (Rossini); 1818: Faust (Spohr), Elisabeth, Königin von England (Rossini); 1819: Othello (Rossini), Die diebische Elster (Rossini), Die Vestalin (Spontini), Der Barbier von Sevilla; 1820: Emma von Leicester / Emma di Risburgho (Meyerbeer), Der Türke in Italien (Rossini), Cenerentola (Rossini); 1821: Die Italienerin in Algier (Rossini), Moses (Rossini), Torwaldo und Dorliska (Rossini), Eduard und Christine (Rossini), Armida (Rossini); 1822: Der Freischütz; 1823: La serva padrona (Paesiello); 1829: Der Schnee (Auber); 1835: Der Schwur o. Die Falschmünzer (Auber) 1843: Frau Diavolo (Auber)

Opernaufführungen nach 1845 (Auswahl)

1845: Alessandro Stradella (Flotow), Norma, Der Liebestrank; 1846: Zar und Zimmermann (Lortzing), Das Nachtlager in Granada (Kreutzer), Lucia di Lammermoor, Die Nachtwandlerin (Bellini), Die Hugenotten (Meyerbeer), Der Waffenschmied (Uraufführung, Lortzing), Robert der Teufel (Meyerbeer), Der schwarze Domino (Auber), Die Musquetiere der Königin (Halévy), 1847: Die Regimentstochter (Donizetti), Die Stumme von Portici (Auber), Undine (Lortzing); 1846 und 1847 gastierte die "schwedische Nachtigall" Jenny Lind im Theater an der Wien, was unglaubliche Begeisterungsstürme und Preissteigerungen bei den Eintrittskarten ausslöste; 1848: Der Postillon von Lonjumeau (Adam)

In Konzerten am 26.12.1862, 1.1.1863 und 11.1.1863 dirigierte Richard Wagner Ausschnitte aus seinen Werken u.a. aus der Walküre, Rheingold, Siegfried, Meistersinger.

Zu weiteren wichtigen Opernaufführungen (Direktion Alexandrine von Schönerer 1884-1900) zählten unter anderem noch 1893 die Erstaufführung Der verkauften Braut (Smetana) in deutscher Sprache; 1897 die Aufführungen der Königskinder (Humperdinck) und vor allem Puccinis Bohéme. Letzere brachte es auf 20 Aufführungen und führte Puccini in Wien ein.