KÖNIG KANDAULES

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Wiener Volksoper
28.6.1997

(Premiere & Österr. Erstaufführung 14.6.97)

Dirigent: Asher Fisch

König Kandaules - Kurt Schreibmayer
Gyges - Wicus Slabbert
Nyssia - Gertrud Ottenthal
Phedros - Rudolf Katzböck
Syphax - Michael Kurz
Nicomedest - Wolfgang Tomsits
Pharnaces - Franz Waechter
Philebos - Janusz Monarcha
Simias - Roland Winkler
Sebas - Ernst-Dieter Suttheimer

Schwüle Psychoanalyse...
(Dominik Troger)


Zemlinski nach einem Gide-Stück.
Die Partitur wurde mit Hilfe von Computern fertiginstrumentiert. (Zemlinsky begann 1935 mit dem Kandaules, floh mit ihm in die USA und gab, nachdem die Met eine Aufführung abgelehnt hatte, 1939 die Arbeit daran auf.)

Das Werk ist an für sich etwas "schwül" und sehr psychoanalytisch. Die Musik phasenweise sehr spannend, und dann denkt man für Minuten wieder an etwas ganz anderes, ohne daß man sich dabei sonderlich gestört fühlte. Der Stoff wirkt ein bisserl abgeschmackt und nicht dazu angetan, einen besonders zu enervieren. (Es ist die bereits in der Antike überlieferte Geschichte vom König Kandaules, dem Fischer Gyges und Nyssia, der Frau des Kandaules. Kandaules lässt Gyges seine Frau heimlich nackt sehen und leitet damit eine verhängnissvolle Entwicklung ein, die ihm selbst das Leben kosten und Gyges an seiner Statt zum König machen wird.)

Aus obgenannten Gründen wurde das Werk erst voriges Jahr uraufgeführt, und die Volksoper hat sich jetzt an die österreichische Erstaufführung herangewagt. Die Inszenierung von Hans Neuenfels war ganz zahm, und das war gut so. Zwar irrt Zemlinski über die Bühne, aber das stört nicht. Interessant war der Effekt, bei der Unsichtbarmachung eines Menschen, diese unsichtbare Person in einen Scheinwerferkegel zu stellen, während die eigentlich sichtbaren Personen im Dunkeln bleiben. Eine interessante Umkehrung erwarteter Mechanismen. Im wesentlichen blieb das Geschehen auf die drei Hauptfiguren konzentriert: den König, seine Frau und den Fischer. Und zwischen diesen spielt ja auch diese erotische Katastrophe.

Der König Kandaules ist in der 30er Jahren entstanden. Es gibt eine Art von Musik und Sujets aus dieser Zeit, die heute eigentlich nicht mehr zu begeistern vermögen. Aber wahrscheinlich deshalb, weil Berg mit seiner "Lulu" diese erotisierende Komponente in einem "Klassiker" subsummiert hat. So Stückln wie der Kandaules nehmen sich dagegen wie Werke zweiter Garnitur aus. Zemlinski ist zwar ein wichtiges Bindeglied zur sogenannten Moderne hin. Aber Bindeglieder haben es so an sich, in der Mitte zu stehen, und das, was sie zu einem bestimmten Zeitpunkt leisten, ist wenige Jahre später von denen längst überholt, die sich an diesem Bindeglied in eine neue Zukunft geschwungen haben. Die wirklich großen Künstler hingegen schaffen es, sozusagen sich selbst zu überholen.

Die Aufführung befand sich auf einem für die Volksoper ungewohnt hohem Niveau. Man könnte fast meinen, die Zemlinski Pflege wäre im Haus am Währingergürtel zu einer Art von "Ehrensache " geworden. Besonders hervorzuheben sind Kurt Schreibmayer als König Kandaules, Wicus Slabbert als Gyges und die Nyssia von Gertrud Ottenthal. Durch das hohe Maß an Identifizierung, dass sie in ihre Rollen legen, kann man mit diesem eigenwilligen Sujet durchaus leben - und es spannend finden. Fazit: Der "König Kandaules" gehört zu den "Exotica" der Opernliteratur, wie eine Mangofrucht oder dergleichen. Man muss sie nicht jeden Tag haben, aber hin und wieder tut so ein Sinneskitzel ganz gut.