EINE FLORENTINISCHE TRAGÖDIE
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Konzerthaus
27.5.2003
Konzertante Aufführung

Dirigent: Marc Albrecht

RSO-Wien

Bianca - Eva-Maria Westbroek
Guido Bardi - Torsten Kerl

Simone - Hakan Hagegard

 


Salomes Nachfahren
(Dominik Troger)

Intensive Operneinakter im Konzerthaus: Schönbergs Monodram „Erwartung“ und Zemlinskys Oper in einem Aufzug „Eine florentinische Tragödie“ im packendem Zugriff des RSO-Wien.

Packend, das ist mehr im Sinne von zupackend zu verstehen. Marc Albrecht ließ mit dem RSO Wien nichts anbrennen, und etwas mehr akustische Feinarbeit wäre da sicher von Vorteil gewesen. Vor allem der Zemlinsky, der sich mit der „Florentinischen Tragödie“ in der Salome-Nachfolge an einem Oscar Wilde Sujet ergötzt, litt ein wenig darunter. Die prächtigen spätjugendstiligen Klangfarbenspiele dieser Partitur konnten sich nur wenig entfalten. Aber die dramatische Wucht wurde mit Verve vorgeführt und insoferne darf man Albrecht nicht tadeln.

Nicht zuletzt wegen der stimmkräftigen Beteiligung von Anja Silja steigerte sich die „Erwartung“ zu einer expressionistischen Hochschaubahn, zu einem packenden Seelendrama. Mit ursprünglicher Kraft und Höhe setzt einen diese Stimme nach wie vor in Erstaunen. Silja war hier wirklich kongeniale Mitstreiterin für Schönbergs musikalische Attacken, aus denen er den Alptraum-Wald formt, in den er seine „Frau“ lockt. Insofern hat es gepasst. Das Libretto wirkte auf mich schon einigermaßen antiquiert und von derart überspannter Emotionalität, dass deren abschließende Nekrophilie wirklich keinen Vergleich mit der Wild’schen Salome aushält. („Mein Herz ist so heiß vom Warten...“ u.a.m.) Aber es gibt da ja zum Glück noch die exzessive musikalische Umsetzung Schönbergs.

Zemlinkys „Florentinische Tragödie“ ist ein Breitwand-Strauss, eine Art von Salome-Transkription, auch wenn die Geschichte natürlich anders abläuft. Ein Kaufmann, der von einer Reise unvermutet zurückkehrt, stösst auf den Sohn des Herzogs von Florenz, der seiner Frau Bianca den Hof macht. Der Kaufmann bringt den vermeintlichen Liebhaber um, und das Ehepaar versöhnt sich überraschender Weise wieder:

„Bianca: Warum hast du mir nicht gesagt, daß du so stark?
Simone: Warum hast du mir nicht gesagt, daß du so schön!
(Er breitet seine Arme gegen sie aus. Bianca sinkt auf die Knie vor ihm. Er küßt sie auf den Mund.)“

Zemlinsky packt das in eine Schlussapotheose, die Richard Strauss wirklich alle Ehre gemacht hätte. Dieses Werk ist aus dramatisch wirkungsvollem Epigonentum geschmiedet, und man könnte ihm durchaus öfter mal begegnen.

Die Besatzung war gut, Hakan Hagegard kam im Laufe der rund einer Stunde dauernden Aufführung immer besser in Fahrt, und machte seinen Nebenbuhler stimmkräftig nieder. Auf ihm ruhte auch die Hauptlast der Publikumsüberzeugung, die Figuren des Guido und der Bianca haben weit weniger zu singen und sind schon von Zemlinsky etwas blass gezeichnet. Vielleicht klang deshalb Torsten Kerl nicht ganz so souverän wie schon gehört. Und Eva-Maria Westbroek ließ mit einer interessanten, etwas dunkel gefärbten Stimme aufhorchen. Mehr hatte ihr Zemslinsky nicht zugestanden.

Dem Publikum hat der Ausflug in das frühe 20 Jahrhundert gefallen (den leeren Plätzen nach zuschließen, sind einige aber auch gar nicht erst gekommen).