ORESTEIA
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Wiener Konzerthaus
Neuer Saal
25.11.2000

Musikalische Leitung: Peter Rundel
Inszenierung & Bühne: Keith Sonnier

Wiener Taschenorchester
Cantus Novus Wien
Koproduktion Wiener Taschenoper mit Wien Modern

Bariton - Spyros Sakkas


Aischylos mit Platznöten
(Dominik Troger)

War es mangelndes Vertrauen in die Neugier des Wiener Musiktheater-Publikums, dass man die Aischylos-Vertonung "Oresteia" von Iannis Xenakis in das enge Behältnis des neuen Wiener Konzerthaussaales gepfercht hat?
Die Koproduktion der Wiener Taschenoper mit Wien Modern verlor dadurch jedenfalls stark an darstellerischer Prägnanz und optischer Überzeugungskraft. Man hatte das Orchester an der einen Längsseite des Saales postiert, in der Mitte anschließend einen Laufsteg angefügt und von diesem links und rechts das Publikum untergebracht. Der Saal teilte sich dadurch in zwei Publikumsblöcke, einander vis-a-vis, die vom künstlerischen Geschehen umfasst wurden: Orchester, der trennende Laufsteg und dann gegenüber vom Orchester an der anderen Längseite weiterer Raum für den Chor. Dann gab es noch zwei Tribünen - eine auf der Orchesterseite und eine andere schräg gegenüber, auf die der Bariton hinaufklettern musste, um seinen zwischen Kopfstimme und baritonalen Tiefen wechselnden Sing-Sang vorzutragen. Der Chor stand die meiste Zeit oder gruppierte sich langsam um , das Schlagwerk hämmerte einem in die Ohren - je nachdem wo man sitzen musste - und die Projektionen fanden unweigerlich auch hinter dem eigenen Kopf statt.

Nun sollte das möglicherweise den Zuschauer in dem Gefühl bestärken, selbst an so einer Volksmenge teilzuhaben und deren chorsingenden Repräsentanten, aber irgendwie wollte sich diese Identifikation nicht einstellen. Die archaische Wucht, der Xenakis musikalisch nachspürt, die in dem seltsamen zwiegesprächführenden Schwebegesang des beeidruckenden Spyros Sakkas eine überhöhende Dimension erfährt, verpuffte angesichts der inszenatorischen Raumnöte. Trotzdem wird einem der Schluss, wenn sich das Werk in einen Klangteppich auflöst, an dem auch kleine Metallplättchen gehörigen Anteil haben, die das Publikum schwingend in den Händen hält, immer als bisher ungeahntes Klangerlebnis in Erinnerung bleiben. Da sprengt sich die Musik plötzlich den Weg frei in eine kollektiveakustische Raumerfahrung. Im metallischen Flirren und Sirren, das durch die Luft wirbelt, möchte man dann gerne jene Manifestationen des Mythos erkennen, auf die man eine Stunde lang gewartet hat.

Die Aufführung, die vierte, war übrigens nahezu ausverkauft. Das Publikum dankte mit viel Applaus - auch wenn sich manche wegen der ungünstigen Orchesterplazierung öfters die Ohren zu hielten oder gleich gar eine Haube über selbige zogen.