LA FIDA NINFA

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Theater an der Wien
18.4.2008
Konzertante Aufführung

Dirigent: Jean-Christophe Spinosi

Ensemble Matheus

Morasto - Veronica Cangemi
Licori - Sandrine Piau
Osmino - Philippe Jaroussky
Elpina, Giunone - Barbara di Castri
Narete - José Manuel Zapata
Oralto, Eolo - Lorenzo Regazzo

Lebendiges Barock
(Dominik Troger)

Antonio Vivaldis „Die treue Nymphe“ war im Theater an der Wien zu Gast. Sie kam zwar nur um zu singen – denn die Aufführung war konzertant – trotzdem wars ein Abend zum Genießen.

„La fida ninfa“ wurde 1732 in Verona uraufgeführt. Die Handlung spielt auf der Insel Naxos: eine Liebesgeschichte unter von Piraten entführten unschuldigen Hirten samt den üblichen Verwechslungen und dem göttlichem Eingreifen am Schluss, das alles zu Besten wendet. Das Libretto ist nicht ohne feine Ironie und poetischen Einsprengseln, der Handlungsfaden aber ziemlich wirr – insofern konnte man sich an mancher Textzeile laben, ohne sich in den Abgründen der Inhaltsangabe verlieren zu müssen. Dankenswerter Weise war der Text im Programmheft von „A“ bis „Z“ abgedruckt. Die Aufführung selbst konzentrierte mittels großzügiger Striche das Geschehen auf die Arien und Ensembles und fand zu einer stringenten Fassung, die einem die dreieinhalb Stunden (inklusive einer nicht sehr langen Pause) wie im Flug vergehen ließ.

Dass dem so war, dieser Verdienst kommt zu allererst Jean-Christophe Spinosi zu, bei dem als musikalischem Leiter alle Fäden zusammenliefen und der als unermüdlicher Motor Vivaldis musikalische Einfälle energiegeladen zum Klingen brachte. Auffallend war dabei, dass Vivaldi offenbar fast gänzlich auf Bläser verzichtet hatte, nur eine Trompete und zwei Hörner dürfen dem vergleichsweise üppigen Streicherapparat und einigen altertümlichen Zupfinstrumenten an wenigen Stellen „contra“ bieten. Den Gesangstimmen wird arienweise atemberaubende Virtuosität abverlangt – das sprudelt dann nur so dahin – zum Ausgleich dürfen sich die SängerInnen bei lamentohaftem Liebesleiden „erholen“. Es gibt ein paar dichte Ensembleszenen, die nicht nur den Arienreigen, sondern auch den musikalischen Horizont aufzubrechen scheinen. Da denkt man kurz schon an Rossini oder ein wenig an Mozart. Vor allem aber bewundert man, wie Vivaldi die Stimmen hier effektvoll miteinander und mit dem Orchester verknüpft. Außerdem sorgte die von Spinosi ausgeklügelt eingesetzte dynamische Differenzierung für eine überaus lebendige und äußerst plastische Begleitung – in solcher Intensität hört man das bei Barockorchestern selten.

Die SängerInnen boten in Anbetracht der Anforderungen durchgehend ein hohes Niveau – am Herausstechendsten wömoglich der junge Countertenor von Philippe Jaroussky, technisch fundiert und mit einem überraschend weiblichen Touch in der Stimme: nahezu ohne den leichten Verfremdungseffekt, der Countertenören meist eigen ist. Die beiden Sopranistinnen Veronica Cangemi und Sandrine Piau wurden von Vivaldi zu reichhaltigem Fädeln enger Koloraturketten angehalten. Piau hatte dabei die etwas schwierigere Aufgabe zu bewältigen, auch mit einigen Spitzentönen gespickt. Ihr Sopran zeigte im Vergleich das etwas dunklere, vollere Timbre, fähig zur weichen, sinnlichen Abrundung im Liebesschmerz.

Barbara di Castri sorgte mit ihrem fülligen, aber ein bisschen unaustarierten Mezzo für „sattere“ Klänge und am Schluss zeigte sie ihre buffoneskes Talent als Juno. Der Tenor von José Manuel Zapata war mir schon zu „robust", obwohl er durchaus einfühlsame Lyrismen beisteuerte. Er ist bei der Opernliteratur des 19. Jahrhunderts womöglich besser aufgehoben. Lorenzo Regazzo steuerte mit schönem Bass einen bösen Piraten und einen leicht ironisch gezeichneten Windgott bei.

Das Publikum im sehr gut besuchten Theater an der Wien reagierte auf die Aufführung enthusiastisch – und durfte sich dafür als Zugabe an einer Wiederholung des Schlussensembles erfreuen. Diese herzliche Abschlussgeste der Vortragenden wird einem noch lange in Erinnerung bleiben – Erinnerung an einen Abend voll begeisternder, lustvoll gelebter Musikalität, jenseits von Tourneeroutine und kühl exekutierter Perfektion.