MOTEZUMA

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Theater an der Wien
6.10.2007
Konzertante Aufführung

Dirigent: Alan Curtis

Il Complesso Barocco

Motezuma - Vito Priante
Mitrena, seine Gemahlin - Sonia Prina
Teutile, ihre Tochter - Karina Gauvin
Asprano, aztekischer Feldherr - Laura Aikin
Fernando Cortés - Ann Hallenberg
Ramiro, sein Bruder - Mary-Ellen Nesi

Ohne Lendenschurz und Federkrone
(Dominik Troger)

Das Theater an der Wien ermöglichte mit einer konzertanten Aufführung von Vivaldis „Motezuma“ einen interessanten „Seitensprung“ in Sachen Barockoper. Das Werk galt seit dem 18. Jahrhundert als verschollen, im Jahr 2002 wurde es in Berlin wieder aufgestöbert.

Dass von Opern im Laufe der Jahrhunderte nur das Libretto erhalten bleibt, ist kein Einzelfall, aber selten findet man nach 270 Jahren (Uraufführung 1733 in Venedig) die Partitur dazu. „Motezuma“ wurde im „Portfolio“ der Berliner Sing-Akademie entdeckt, das als Weltkriegsbeute lange Jahre in der früheren Sowjetunion aufbewahrt worden war.

Erhalten haben sich, laut Programmzeitschrift des Theaters an der Wien, Ausgabe „Vier Null Sieben“, der ganze zweite Akt sowie Teile des ersten und dritten Aktes: „Von insgesamt zweiundzwanzig Arien und Ensembles mussten sieben aus anderen Werken ergänzt werden“. Doch das Programmheft zur Aufführung wartete diesbezüglich mit überhaupt keinen Informationen auf, Details zur gegebenen Fassung blieben ausgespart. Auch das Libretto wurde dem Publikum unterschlagen, ein „Leitfaden“ zum musikalischen Ablauf mit der szenischen Gliederung und den Rezitativ-/Arienanfängen war ein magerer Ersatz dafür.

Die Handlung bezieht sich auf die Eroberung Mexikos durch die Spanier. Im Gegensatz zur wenig erbaulichen Historie endet die Oper mit Heirat und Friedenswillen. Musikalisch näherte sich Vivaldi mit „Motezuma“ dem Zeitgeschmack an: die Virtuosität siegt des öfteren über den eigentlichen Gehalt, wirkt nahezu verspielt und manieristisch. Für die Sänger ergeben sich daraus publikumswirksame Vortragsstücke. Das kleine Orchester wird durch Blechbläser ergänzt, die bei dem kriegerischen Stoff, der diese Liebesgeschichte zwischen Aztekenprinzessin und Cortés-Bruder rahmt, passend zur Wirkung kommen. Immer wieder sorgt der Komponist für Überraschungen wie überfallsartig aufschießende expressive Momente. Doch vieles, was sich musikalisch in der Beziehung zwischen Orchester und Sänger ausdrückt, musste mangels vorliegendem Libretto im Dunkeln bleiben.

SängerInnenseits sorgten vor allem Sonia Prina als Aztekenkönigin und Ann Hallenberg (Cortés) für Akzente. Beide verstehen sich darauf mit Impulsivität dem Verzierungsreichtum barocker Arien zu folgen. Hallenbergs Mezzo bringt für Männerrollen genügend Kraft mit, ohne dass er dadurch zuviel an Flexibilität verlöre. Auch Prina besitzt viel sängerische Energie und kann das Publikum „in Feuer singen". (Prina hatte nach Absage von Marijana Mijanovic die Rolle der Mitrena übernommen.) Vito Priante steuerte als Motezuma die einzige Männerstimme bei. Auch er ist geschult am Barock- und Belcanto-Repertoire, was man als Zuhörer wohltuend registrierte. Laura Aikin (Asprano), Karina Gauvin (Teutile) und Mary-Ellen Nesi (die von Sonia Prina die Partie des Ramiro übernommen hat) wirkten auf mich etwas blasser. Il Complesso Barocco spielte unter Alan Curtis und unter dem „Ehrenschutz“ der anwesenden Donna Leon griffig auf.

Das Publikum dankte mit viel Beifall einer interessanten und über weite Strecken spannenden Aufführung. (Spieldauer inkl. einer Pause rund drei Stunden.)