IL GIUSTINO

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Theater an der Wien
22.2.2012
Konzertante Aufführung

Musikalische Leitung & Cembalo: Stefano Molardi
Konzertmeister: Jonathan Guyonnet
Orchester: I Virtuosi delle Muse

Anastasio - Ileana Mateescu
Arianna - Maria Grazia Schiavo
Giustino - Marina De Liso
Leocasta - Sabina Puértolas
Vitaliano - Ed Lyon
Andronico - Varduhi Abrahamyan
Amanzio, La Fortuna - Lucia Cirillo
Polidarte,Voce di Vitaliano Seniore - Vincent Lesage

Barocker Operncomic
(Dominik Troger)

Nicht nur Händel hat einen „Giustino“ komponiert – auch Antonio Vivaldi. Vivaldi war allerdings um einige Jahre früher dran. Das Theater an der Wien spielte das 1724 uraufgeführte Werk in einer konzertanten Aufführung.

Die Geschichte vom Bauern Justin, der zum byzanthinischen Kaiser aufsteigt, hat in der Biographie von Justinus I. historische Wurzeln. In der Oper interessieren diese aber eher weniger: Den Aufstieg der Titelfigur begleitet eine Folge von märchenhaften Heldentaten und gefährlichen Intrigen. Wechselnde Schauplätze, Schlachtenlärm und Meeressturm, ein klippenerklimmendes Seeungeheuer, das eine dort angekettete, oströmische Kaiserin verspeisen möchte, und ein Grab, das geheime Verwandtschaftsverhältnisse offenbart, zählen zu den Ingredienzien dieses auf „große Wirkung“ berechneten Stücks, dem eine konzertante Aufführung ein wenig das „Spektakel“ stiehlt.

Musikalisch wirft Vivaldi viel in die Schlacht, sogar ein Selbstzitat („La Primavera“), wenn in Giustino jugendlicher Tatendrang erwacht. Punktuell schüren Trompete und Horn die Kampfeslust – und gleich im ersten Akt wird Giustino mit einem flötenbegleiteten, kindlichen Schlummerlied in traumreichen Schlaf gewiegt. Am Ende des zweiten Aktes darf er sich sogar von einem Salterio („Hackbrett“) (!) begleitet, Gedanken über sein tapferes Herz machen: ein außerordentlich reizvolles Stück.

Der typische „Vivaldi-Flow“ stellte sich bei mir an diesem Abend nur phasenweise ein. Marina de Liso war mir als Giustino eine Spur zu „sachlich“ unterwegs, ihr Mezzo überzeugte aber mit jugendlich-heldischem Tonfall, kompakter Tongebung und viel Elastizität. Maria Grazia Schiavo sang die Arianna mit großem Einsatz, aber phasenweise schon zu stark beanspruchter Stimme. Ähnlich verhielt es sich mit dem Sopran von Sabina Puértolas, die mich von Typ und Timbre ein wenig an Danielle de Niese erinnerte. Mit Punkteabzügen: Lucia Cirillo als Amanzio und Fortuna, Ileana Mateescu bot als Anastasio ebenfalls eine gute Leistung. Eine interessante Neuentdeckung war die mit orientalischem Flair apart grundierte Mezzostimme von Varduhi Abrahamyan (Andronico). Den bösen Polidarte sang Vincent Lesage mit sicherem, aber emotional wenig abgrundtiefem Tenor. Fachkollege Ed Lyon rundete das Ensemble als Vitaliano ab.

Stefano Molardi leitete die I Virtuosi delle Muse und die Aufführung vom Cembalo aus. Der Abend dauerte vier Stunden (nicht wie im Programm angegeben 3 Stunden 15 Minuten). Es gab nur eine Pause. Das Theater an der Wien war einigermaßen gut besucht. Nach der Pause hatte sich die Anzahl der leeren Plätze aber etwas vermehrt. Der Schlussapplaus war stark und dankbar.