ADRIANO IN SIRIA
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Konzerthaus
18.1.2014
Konzertante Aufführung

Musikalische Leitung: Fabio Biondi

Europa Galante

Adriano - Sonia Prina
Farnaspe - Ann Hallenberg
Emirena - Roberta Invernizzi
Sabina - Romina Basso
Idalma - Lucia Cirillo
Osroa - Ugo Guagliardo



Barocke Novität
(Dominik Troger)

Als Leckerbissen für Barockopernfans erwies sich eine konzertante Aufführung von Francesco Maria Veracinis „Adriano in Siria“ im Konzerthaus. Die Oper wurde 1735 in London uraufgeführt mit den Kastraten Senesio und Farinelli in den Hauptrollen.

Das Resonanzen-Festival im Konzerthaus verwöhnt das Publikum Jahr für Jahr mit vorzüglichen Konzerten „alter Musik“. Fixer Programmpunkt ist eine konzertante Opernaufführung. Nach Jean-Philippe Rameaus „Les Indes galantes“ im letzten Jahr, durfte man sich heuer über einen „Seitensprung“ ins raue Londoner Opernbusiness der 1730er-Jahre freuen. Francesco Maria Veracinis „Adriano in Siria“ befasst sich mit Liebes- und anderen Intrigen, denen der römische Kaiser Hadrian angeblich in Syrien ausgesetzt war. Das Libretto hat Angelo Corri nach einer bewährten Vorlage von Pietro Metastasio gefertigt.

Veracini galt zu seiner Zeit als vorzüglicher Violinist mit schwierigem Charakter. „Adriana in Siria“ erlebte in London 20 Aufführungen, obwohl sich Händel-Anhänger teils sehr abschätzig über die Oper äußerten. Zwar konnte sich Veracini nicht nachhaltig als Opernkomponist profilieren, aber 1744 fertigte er mit „Rosalinda“ sogar ein Werk nach Shakespeares „Wie es euch gefällt“. 1690 geboren, starb der Künstler nach einem unsteten Leben 1768 in seiner Heimatstadt Florenz.

Für die Aufführung konnte auf eine Kopie der Partitur zurückgegriffen werden, die in Manchester aufbewahrt wird. Die unbegleiteten Rezitative sind nicht erhalten und wurden von Fabio Bondi, dem musikalischen Leiter der Aufführung, ergänzt. Bondi hat mit seinem Ensemble und einer vorzüglichen Besetzung die Oper ihrem „Dornröschenschlaf“ entrissen. Die erste Aufführung des Werkes seit der Barockzeit fand im Dezember 2013 in Krakau statt. Das Konzerthauspublikum kam an diesem Abend also in den Genuss einer Novität.

Veracinis Opernstil ist extravagant, originell im Zusammenwirken zwischen Gesangspart und Orchester, und fast ein wenig ausschweifend. Immer wieder bringt er überraschende Pointen ein, da ein Violinsolo, dort eine Pause. Das wirkt manieristisch und brillant, unterminiert aber den dramatischen Fluss, die virtuose Selbstdarstellung der Künstler bis an die Grenzen auslotend. Mit der finalen Arie im zweiten Akt, Farnaspes „Amor, dover, rispetto“ treibt er denn auch die Gesangslinie zum äußersten, eine minutenlange tour de force, mit atemberaubenden „Läufen“, Barockgesang wie in Trance.

Der Farnaspe ist die umfangreichste Partie dieser Oper – und Ann Hallenberg folgte an diesem Abend mit ihrem gehaltvollen Mezzo den Noten, die Veracini Farinelli zugedacht hat, und kürte sich mit der bereits genannten Arie zur unwidersprochenen Königin des Abends. Gleich nach Verklingen des letzten Tones von „Amor, dover, rispetto“ brandete lauter Jubel auf, äußerte das Publikum, das bis dahin mucksmäuschenstill Hallenbergs virtuoser Gesangeskür gelauscht hatte, schlagartig seine Begeisterung.

Um dieses Prunkstück reihten sich aber viele Schmuckstücke – und die ausgezeichnete Besetzung brachte sie alle zum Leuchten, von Liebessehnsucht (Roberta Invernizzi als Emirena mit einer besonders hübschen und von Veracini einfallsreich gestalteten „Echo“-Arie) über die Intrigantin (Lucia Cirillo als Idalma) und die lang getäuschte Sabina (akzentuiert wie immer Romina Basso) bis zum Zorn Adrianos, den Sonia Prina mit ihrer burschikosen Art und ihrer energiegeladenen Altstimme verkörperte.

Nicht vergessen werden darf das Duett zwischen Adriano und Sabina kurz vor dem Finale, in dem die beiden tiefen Frauenstimmen zu einem harmonischen Miteinander fanden – versöhnt sich hier doch der Herrscher mit seiner Verlobten. Als „Bösewicht“ Osroa – aber natürlich geht die Geschichte gut aus – stellte sich Ugo Guagliardo erstmals dem Konzerthauspublikum vor. Sein eloquenter, kerniger, farbenreich timbrierter Bass klang vielversprechend – und dass der Sänger Jonas Kaufmann ein wenig ähnlich sieht, ist auch kein Nachteil.

Fabio Biondi sorgte als dirigierender Violinist mit Europa Galante für eine gefühlvolle Begleitung – und gefühlvoll gab es von Fabio Biondi nach den Aktschlüssen für die Damen am Podium viele kunstgerechte Handküsse. Die Aufführung dauerte inklusive zweier Pausen ziemlich genau vier Stunden lang. Das Publikum spendete kräftigen Schlussapplaus.