DIE FLEDERMAUS

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Staatsoper
31. Dezember 2021

Dirigent: Bertrand de Billy

Gabriel von Eisenstein - Andreas Schager
Rosalinde - Rachel Wilis-Soerensen
Adele – Vera Lotte Boecker
Ida - Johanna Wallroth
Alfred - Hiroshi Amako
Dr. Falke - Clemens Unterreiner
Frank – Wolfgang Bankl

Prinz Orlofsky - Christina Bock
Iwan - Jaroslav Pehal
Dr. Blind - Robert Bartneck
Frosch -
Peter Simonischek


„Alles gurgelt“

(Dominik Troger)

Die Silvester-„Fledermaus“ der Wiener Staatsoper stand zum zweiten Mal unter COVID-pandemischen Einschränkungen: Im Vorjahr gab es eine Vorstellung vor leerem Haus, die gestreamt wurde, dieses Jahr durfte das Publikum wieder mit dabei sein – der Impfung sei Dank.

Der Beginn war wegen diverser COVID-Verordnungen auf 18 Uhr vorverlegt worden. Eintritt gab es nur für dreifach Geimpfte oder zweimal geimpft Genesene. Dazu gesellte sich noch zwingend ein negativer PCR-Test (nicht älter als 48 Stunden) als dezentes Sahnehäubchen auf dem insofern mit einigem Aufwand errungenen Kulturgenuss. Lichtbildausweis, eine FFP2-Maske und – ja da war doch noch etwas – die Eintrittskarte sollten ebenfalls nicht vergessen werden. Außerdem empfiehlt es sich, regelmäßig den aktuellen Stand der Dinge auf der Homepage der Wiener Staatsoper abzufragen. Denn diese können sich buchstäblich über Nacht ändern: Am Neujahrstag wurde das Haus wegen COVID-Fällen bis einschließlich 5. Jänner geschlossen.

Die Silvester-„Fledermaus“ hat also gerade noch stattgefunden. Das Haus war gut besucht, die leer gebliebenen Plätze verteilten sich vorwiegend in Zweier- und Dreiergrüppchen über das ganze Auditorium und stachen nicht so ins Auge. Es handelte sich – laut Programmzettel – um die 177. Aufführung dieser schwungvoll-wienerischen Produktion von Otto Schenk in den Bühnenbildern von Günther Schneider-Siemssen. Es gab einige Rollendebüts und krankheitsbedingte Umbesetzungen. Auf den „Stargast“ wurde wie im letzten Jahr verzichtet.

Das Ehepaar Eisenstein wurde erstmals am Haus von Andreas Schager und Rachel Willis-Soerensen verkörpert. Schagers Rollenzeichnung war geradlinig, hatte etwas vom unbeugsamen Optimismus eines Siegfried, der rheinwärts in die Welt rudert, und der die gesanglichen Äußerungen der „leichten Muse“ mit einem unüberhörbaren (!) heldentenoralen Rufzeichen versieht. Rachel Willis-Soerensen war diesem Eisenstein eine passende Gemahlin: ein bisschen amerikanisch-brünnhildisch, in der Aussprache mit bundesdeutschem Akzent und stimmkräftig, im Spiel ebenso geradlinig. Der Gesamteindruck, den die beiden hinterließen, war aber doch ein wenig „schlicht“: mehr Polka als Walzer.

Clemens Unterreiner als Intrigenspinner Dr. Falke zeigte wie es gehen könnte: nicht nur stimmlich ein Feschak und um keinen Schmäh verlegen. Die Feinabstimmung zwischen ihm und Schager, diese mitreißende Lust am Schmähführen, hätte sich im Laufe der Aufführungsserie sicher noch beflügelt und verfeinert – aber wegen COVID ist es nur bei dieser Silvestervorstellung geblieben. Vera-Lotte Boeckers Adele gab ein solides Stubenmädchen, als Hiesiger wünscht man sich manche Details dann doch etwas „Kakanischer“ serviert. Christina Bock war ein vom Spiel überzeugend jungmännlich-schlanker Orlovsky, der mit der Partie gut zurecht kam. Wolfgang Bankl gab einen mir schon zu trockenen Gefängniswärter. Da fehlte es ein wenig am „Menscheln“ (schließlich handelt es sich um eine Inszenierung von Otto Schenk). Der Alfred wurde kurzfristig mit Hiroshi Amako umbesetzt – eine Talentprobe dieses Tenors, der mit belebenden Witz agierte. Johanna Wallroth, wie der Vorgenannte Mitglied des Opernstudios, musste ebenfalls einspringen und steuerte eine kokette Ida bei.

Der aus der Steiermark nach Wien „einpendelnde“ Frosch des Peter Simonischek ist sattsam bekannt. Eine große Pointenschleuder ist er nicht gerade. Dieser Frosch hat sich in einen Fatalismus gesoffen, den nichts mehr überraschen kann. (Aber nach diesem „Drei-Kanzler-Jahr“ 2021, was kann einen als gelernten Österreicher wirklich noch überraschen? Schmeckt da nicht jeder Witz schon ein wenig fade?)

Insgesamt war bei den aktuellen Anspielungen natürlich COVID ein Thema, von den Masken des Schönbrunner Maskenballs bis zu den zweifelhaften medizinischen Empfehlungen eines bekannten Oppositionspolitikers. Das süffisante „Alles gurgelt“ mit dem Dr. Falke die Nöte Eisensteins nach der Konsumation von Prinz Orlofskys scharfem Wodka kommentierte, war die treffendste Anmerkung mit unleugbarem Aktualitätsbezug (auf das gleichnamige Wiener COVID-Testprogramm gemünzt).

Bertrand de Billy führte versiert durch eine Aufführung, die „Die Fledermaus“ nicht so recht zum „Prickeln“ brachte. Zwar ließ de Billy nicht so symphonisch-schwerfällig spielen wie Daniel Barenboim wenige Stunden später beim Neujahrskonzert, aber die Sektkorken flogen auch an der Staatsoper nicht quasi von selbst in den Silversterhimmel. Das Publikum ließ sich davon nicht stören, folgte eifrig dem Bühnentreiben, und war kurz nach halb Zehn noch munter genug, um im Finale eifrig und rhythmisch mitzuklatschen.