DIE FLEDERMAUS

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Staatsoper
31.12.2018

Dirigent: Sascha Goetzel

Gabriel von Eisenstein - Adrian Eröd
Rosalinde - Annette Dasch
Adele – Daniela Fally
Ida - Lydia Rathkolb
Alfred - Jörg Schneider
Dr. Falke - Clemens Unterreiner
Frank – Hans Peter Kammerer

Prinz Orlofsky - Elena Maximova
Iwan - Oleg Zalytskiy
Dr. Blind - Peter Jelosits
Frosch -
Peter Simonischek
Stargast: René Pape


„Unterhaltsame Silvestervorstellung“

(Dominik Troger)

An der Wiener Staatsoper wurde das alte Jahr „obligatorisch“ und amüsant mit einer „Fledermaus“ verabschiedet. Als Stargast besuchte René Pape das Fest des Prinzen Orlofsky.

Was wäre ein Silvesterabend ohne „Die Fledermaus“? Der liebgewonnenen Tradition wird an der Volks- und an der Staatsoper gepflogen, und es empfiehlt sich, je nach Lust und Laune, mal die Silvestervorstellung am Währinger Gürtel, mal im Haus am Ring zu besuchen. Die alte Otto-Schenk-Inszenierung befindet sich glücklicher Weise an der Staatsoper immer noch im Repertoire, aber auch die Volksoper kann mit einer szenisch gelungenen Produktion aufwarten. Wer allerdings eine „Fledermaus-Pause“ einlegen möchte, dem bietet das Theater an der Wien inzwischen eine Alternative. Dort war heuer Webers „Euryanthe“ zum Jahresschluss angesetzt.

An der Staatsoper hat die Silvestervorstellung immer leicht „epische“ Ausmaße: der Abend dauert an die vier Stunden, zwei Pausen und den Schlussapplaus eingerechnet. Und wenn die Sektlaune des Publikums mit der Spiellaune der Protagonisten eine famose Symbiose eingeht, dann kann kaum etwas schief gehen. Diese Silvestervorstellung benötigte allerdings etwas Aufwärmzeit, der musikalische Sekt perlte zuerst ein bisserl lasch, aber das besserte sich schnell im Laufe des ersten Aktes. Adrian Eröd und Clemens Unterreiner ließen – wie man so sagt – „nichts anbrennen“ und gaben der Aufführung einen „Energieschub“, der für den Rest des Abends locker ausreichte.

Bis auf Annette Dasch, die ihre erste Staatsopern-Rosalinde beisteuerte, stand ein eingespieltes Ensemble auf der Bühne, dass die altbekannten (und ein paar neue) Pointen mit Bravour zu servieren wusste. Annette Dasch ward aber rasch in die Wienerische Komödie einbezogen, der Berliner und der Wiener Humor haben durchaus einander befruchtende Berührungspunkte. Nur der „Csárdás“ kam etwas schwerfällig über die Rampe. Die Operettendiva und die Lohengrin-Elsa standen sich gesanglich ein wenig im Wege.

Die eigentliche Triebfeder des Abends war für mich Adrian Eröd. Er hat die Rolle perfekt auf sich maßgeschneidert. Intelligent und mit unbeirrter Manie drehte er am Verführungsrädchen, lockte er die Frauenherzen vor allem mit der Mechanik seines Damenührchens. Eröds Eroberungstrieb verkörperte eine moderne, sportliche Dimension – auch ideal abgestimmt auf seinen schlanken, klug geführten Bariton, der nicht unbedingt im Schmelzwasser erotischer Herzergießungen badet. Außerdem – das war eine neue Pointe mit aktuellem Bezug – hat Eisenstein seine Gefängnisstrafe deshalb ausgefasst, weil er einen Polizisten „Oida“ (!!) genannt hat.

Clemens Unterreiner als Dr. Falke war für diesen Eisenstein der ideale Kompagnon und beging verschmitzt und mit feschem, süffigem Charme das Rachewerk einer „Fledermaus“. Jörg Schneider hat als Alfred einst schon an der Volksoper seine Zelle mit prächtig outrierten tenoralen Opernzitaten tapeziert. Daniela Fally war als Stubenmadl vom niederösterreichischen Lande trefflich platziert und Lydia Rathkolb die zu ihr perfekt passende Ida. Hans Peter Kammerer gab einen leicht jovialen, gewitzten Gefängnisdirektor. Peter Simonischek spielte einmal mehr den Frosch (diesmal mit mehr Esprit als schon gesehen): ein steirischer „Philosoph“ in Wiener Diensten. Peter Jelosits ist als Advokat Blind ein unverzichtbarer Bestandteil einer gelungenen Silvesterfledermaus an der Staatsoper. Elena Maximova war ein präsenter Orlofsky, ihr Mezzo klang mir aber etwas hell und fast ein wenig spröde.

Der Auftritt des Stargastes, René Pape, geriet unspektakulär. Er sang ein gediegenes, in der Tiefe ein wenig blasses „Als Büblein klein an der Mutterbrust“ (womit die Spieloper wieder einmal zu ganz kurzen Staatsopernehren gekommen wäre) und steuerte (mit Mikrofon gesungen) noch einen englischen Song bei – möglicherweise aus einem Musical, den/das ich dank Mut zur Bildungslücke nicht identifizieren konnte. Die sprichwörtlichen Sektkorken haben bei Papes Auftritt nicht „geknallt“. Sascha Goetzel am Pult musste, wie mir schien, erst von der Bühne aus überzeugt werden, dass es sich um eine Silvestervorstellung handelt. Aber so süffig, spritzig und mit leichter „Muse“ wie erhofft, wurde den ganzen Abend lang im Graben nicht aufgespielt. Doch diese Einwände scheinen hier aufnotiert schwerer zu wiegen, als sie in Summe am Vorstellungsabend gewogen haben.

Der Stehplatz war am Beginn übervoll, aber das regulierte sich nach der ersten Pause von selbst. Der Schlussapplaus wird rund fünf Minuten lang gedauert haben. Es gab auch viele Bravorufe und einen kollektiven Silvestergruß des Ensembles an das Staatsopernpublikum – in diesem Sinne also: PROSIT NEUJAHR!