LA LOTTA D'HERCOLE CON ACHELOO
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Theater a.d. Wien im Museumsquartier Halle E
Konzertante Aufführung
16. Oktober 2022

Musikalische Leitung: Rubén Dubrovsky

Bach Consort Wien

Eneo - Xavier Sabata
Deianira - Anna Prohaska
Acheloo - Sonja Runje
Alcide - Philipp Mathmann


Begehrte Königstochter
(Dominik Troger)

Wenn es um die Liebe geht, werden sogar Götter schwach. Der Flussgott Acheloo hat sich in die Königstochter Deianira verschaut – aber diese würde sich lieber mit Herkules vermählen. Die Lösung des Problems: Sie lässt die beiden um sich kämpfen.

Für die erste konzertante Opernaufführung der Saison hat die neue Intendanz des Theaters an der Wien ein  „Divertimento drammatico“ von Agostino Steffani ausgewählt: „La lotta d’Ercole con Acheloo“.  Steffani hat es 1689 für den Kurfürsten von Hannover komponiert, der sich ein neues Hoftheater gegönnt hat. Das Werk dauert rund eineinhalb Stunden und lässt nur vier Personen zu Gesang kommen. Eneo, König und Vater, seine Tochter Deianira, den Flussgott Acheloo und natürlich Herkules, der hier unter seinem früheren Namen  Alcide „firmiert“.

Steffani (1654-1728) fristete bis zu seiner Wiederentdeckung durch Cecilia Bartoli vor zehn Jahren ein mehr auf die Musikhistorie beschränktes Dasein, wobei sein Leben als Mann der Kirche, der es bis zum Titularbischof brachte, Diplomat und Komponist, an sich schon schillernd genug ist. Steffani ist außerdem ein wichtiges Bindeglied zu Georg Friedrich Händel.

In „La lotta d’Ercole con Acheloo“ verknüpft Steffani italienische und französische Einflüsse, wie die in die Handlung integrierten Ballettmusiken zeigen. Die Oper besteht aus drei Teilen. Im ersten wird die Vorgeschichte des Konfliktes erzählt, im zweiten wird Eneo und Deianira klar, dass es mit Acheloo und Alcide zwei Freier gibt, wobei die Tochter Alcide präferiert, im dritten kommt es zum Kampf zwischen den beiden Liebhabern. Nach dem Sieg von Alcide macht sich der unterlegene Flussgott nach einer klagenden Arie („Cedo Vinto“) davon und das richtige Paar bleibt zurück.

Steffani bietet dem Publikum abwechslunsgreiche, ausgesprochen hübsche Musik. Die virtuose Arie „La Cerasta più terribile“ hat sogar Cecilia Bartoli aufgenommen, in ihr lässt Alcide seine ganze Wut über Acheloo aus. Besonders reizvoll ist Deianiras „Idol mio dove t’aggiri?“ mit Soloviolinbegleitung in der ihre Liebessehnsucht  zwischen Stimme und Instrument zu klagender Wehmut  gerinnt. Sehr hübsch auch das kurze flötenbegleitete „Cara dolce speranza“ im ersten Teil, in dem die Königstochter bukolisch ihren Liebeshoffnungen Ausdruck verleiht. Gegen Ende des ersten Teils wird sich der Flussgott mit „Ferma Costanza“ in Hoffnungen wiegen und seine Arie wird in ein wogendes Ballett der Najaden überleiten, ehe  dann Alcide auftaucht und ganz eifersüchtig wird – aber sein  „La Cerasta più terribile“ wurde schon erwähnt. Stefafni hat auch reizvolle Duette in sein  „Divertimento drammatico“  eingebaut.

Die konzertante Aufführung versammelte eine sehr gutes Ensemble
in der Halle E des Museumsquartiers, dem Ausweichquartier des Theaters an der WienAnna Prohaska als Deianira, den Mezzo Sonja Runje als Acheloo, sowie die Countertenöre Xavier Sabata und  Philipp Mathmann. Anna Prohaska machte die verliebte Königstochter zum Zentrum des Abends, ganz im Sinne der Geschichte. Steffani hat die Partie am reichlichsten mit Musik bedacht. Prohaskas Sopran zeigte sich in der Höhe ein wenig spröde, aber die Partie lag ihr bis auf wenige Passagen recht gut in der Kehle.

An Bartolis vokalem Feuerwerk durfte man Philipp Mathmann nicht messen, der mit seinem sopranstimmingen Countertenor stilistisch mehr seinem Namensvetter Philippe Jaroussky nacheiferte, zu einer feineren lyrischen Exegese tendierend. Aber Steffani hat Alcide auch genug zum Schmachten komponiert. Wobei natürlich wieder die Hallenakustik ins Spiel kam. Weiter hinten hört man das Orchester zwar gut, aber die schnellen Läufe der Sänger verwischen leicht und man spürt dann doch die Distanz zur Bühne.  Sonja Runje hinterließ als Acheloo einen sehr guten Eindruck und Xavier Sabata  verhalf dem König mit seinem lyrischen Countertenor zu einer angenehmen Präsenz. Rubén Dubrovsky stand am Pult des belebt aufspielenden Barockensembles Bach Consort Wien. Es spricht für alle Beteiligten, dass es trotz der nicht idealen Rahmenbedingungen gelang, das Publikum mitzunehmen, das sich mit starkem Schlussbeifall bedankte. Die Aufführung war sehr gut besucht.

PS: Das Programmheft enthält kein Libretto – unter der alten Intendanz war das Libretto in Originalsprache plus Übersetzung abgedruckt – und keine biographischen Details zu den Ausführenden.

PPS: Wenn man bei einem der beiden Stiegenaufgänge sitzt und Pech hat, dann wird man die ganze Aufführung lang von einem kleinen Scheinwerfer geblendet, der die Stufen beleuchtet, damit niemand hinunterfällt. Könnte man die Scheinwerfer nicht so montieren, dass sie sich im Rücken des Publikums befinden? Oder muss man sich vorsichtshalber eine Schirmkappe als Blendschutz mitnehmen?