DIE VERKAUFTE BRAUT
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Staatsoper
28. September 2025
Premiere

Musikalische Leitung: Thomás Hanus

Inszenierung: Dirk Schmeding

Bühnenbild: Robert Schweer
Kostüme: Alfred Mayerhofer
Licht: Tim van'T Hof
Choreographie: Annika Dickel
Video: Johannes Kulz

Kruschina - Franz Xaver Schlecht
Ludmila - Margaret Plummer
Marenka - Slávka Zámecníková
Micha - Hans Peter Kammerer
Hata - Monika Bohinec
Jenik - Pavol Breslik
Vasek - Michael Laurenz
Kecal - Peter Kellner
Zirkusdirektor (als
Direktor der Komödianten" geführt) - Matthäus Schmidlechner
Esmeralda - Ilia Staple
Indianer" (als Komödiant" geführt) - Alex Ilvakhin


Vergebene Chance“
(Dominik Troger)

Jetzt hat auch die Staatsoper ihre erste Premiere in der neuen Saison hinter sich gebracht: Friedrich Smetanas „Verkaufte Braut“ langweilte mit schäbiger Optik und penetrantem Rummelplatzhumor das Publikum.

Zugegeben, der Tanz der lebensgroßen „Gummibärchen“ am Ende des ersten Aktes ist hübsch anzuschauen, aber er wirkt wie ein Marketinggag ohne Bezug zum Ganzen – und das Konzept von Regisseur Dirk Schmeding, „Die verkaufte Braut“ auf einem Jahrmarkt anzusiedeln, dem alles dörfliche abhanden gekommen ist, entwurzelt die Charaktere, nimmt ihnen ihren Liebreiz und ihren Charme.

Marie im werkfraulichen Hosenanzug ist von Beginn an sehr selbstbestimmt unterwegs, offenbar arbeitet sie bei einem der Schausteller. Dass sie sich von ihren Eltern einen Heiratsvermittler aufs Auge drücken läßt, scheint unglaubwürdig. Jenik selbst wird im dritten Akt in ein Glitzersakko gesteckt und zu einer Art Showstar gemacht. Arbeitet er beim Zirkus? Die dramaturgische Funktion des Heiratsvermittlers bleibt in Schwebe und seitens der Regie wird die Figur zu einer sehr bemüht ausgespielten Komödiantik gedrängt. Die Regie rettet sich oft genug in Statistenaktionismus und verliert im dritten Akt endgültig den Faden, wenn die Leerstellen im Erzählzusammenhang so offensichtlich sind, dass sie plötzlich mit Live-Video (!) aufgefüllt werden müssen. Die Handlung wurde offenbar in die 1970er-Jahre verlegt, aber zumindest die Artisten geben sich in Gehabe und Kostüm sehr heutig.

Unter der Plattform der Zirkusarena quellen im dritten Akt schwarze Müllsäcke so üppig und unansehnlich hervor, dass sie jeden Kammerjäger zum sofortigen Eingriff animieren müssten. Den ersten beiden Akten hat der Bühnenbildner immerhin drei mobile Toilettenanlagen spendiert, in die sich das Bühnenpersonal flüchten kann, wenn ihm in diesem „Böhmischen Prater“ übel wird. Schließlich wird eine riesige, unappetitliche Wurst über die Bühne getragen sowie eine Riesentube Kren – und ein ganzer Anhänger voller Bier regt das männliche Volk zu Trunkenheit und „Love Rodeo“-Exzessen an. Aber ist nicht auch die Volksoper in den letzten zwanzig Jahren zweimal an der „Verkauften Braut“ gescheitert? Warum sollte es dem Haus am Ring anders ergehen?

Die alte Schenk-Inszenierung an der Staatsoper aus den 1980er-Jahren ist schon damals etwas bieder gewesen. (Sie kann auf Youtube begutachtet werden). Aber sie war mit Herz und liebenswerter Ironie gemacht, wo heutzutage ein besserwisserisches Kalkül waltet, das für die frohsinnige Naivität solch ländlicher Herzergießungen keinen Funken an Gefühl mehr aufbringt – sondern sie geschmacklosem Klamauk überlässt. In der aktuellen Staatsopern-Neuproduktion wird auf Deutsch gesungen, in einer Fassung für die der Programmzettel vier Zeilen braucht, um alle Namen, die an der Erstellung des Textes beteiligt waren, rechtmäßig aufzuzählen. Am „wichtigsten“ bei dieser Fassung ist wahrscheinlich, dass man den „Indianer“ ganz „korrekt“ eliminiert hat.

Das Dirigat von Thomás Hanus hat den Liebreiz von Smetanas Partitur, ihren tänzerischen Verve nur bedingt entdeckt, anfangs eher flott und forsch, vor allem aber ohne Poesie, geriet dann vieles zu langatmig, so als hätte sich dieses unansehnliche Bühnenbild auf die Musik „geschlagen“. Schon im Pausenfoyer wurde viel am Kecal von Peter Kellner herumgemäkelt, sowohl vom Typ als auch von der zu flachbassigen Stimme her eine Fehlbesetzung, der noch dazu die Inszenierung den Boden unter den Füßen weggezogen hat.

Slávka Zámecníková besitzt nun mal einen mehr kristallinen Sopran, der Liebesgefühle klar, aber nicht sehr sehnsuchtsvoll zum Ausdruck bringt. Darunter hat der Gesamtereindruck ihrer Marie dann doch etwas gelitten, weil man ein wenig den „Herzschmerz“ vermissen konnte (auch wenn ihr später ein weißes Hochzeitskleid spendiert wird, um ihren Status als „Braut“ zu verdeutlichen). Pavol Bresliks tenorale Lyrik hat sich schon mit viel Metall angereichert, der vermeintliche Showstar war dort besser aufgehoben als der mit allen Wassern gewaschene Liebhaber, dem mehr Schmelz einen Hauch von „Sehnsucht“ verliehen hätte, die aus Böhmens Hain und Fluren strömt.

Eigentlich hat Michael Laurenz als Vasek den insgesamt besten Eindruck hinterlassen. Dass Vasek unter der Fuchtel einer Mutter steht (mütterlich sehr streng: Monika Bohinec), die in einem Löwenkäfig auf die Bühne gekarrt wird, sollte sein Stottern wohl psychologisch erklären. Sein Vater, Hans Peter Kammerer, hat schon bessere Bühnenzeiten erlebt. Marenkas Eltern blieben farblos, wobei Margaret Plummer gesanglich besser reüssierte als Franz Xaver Schlecht. Dass der Vater der Mutter plötzlich eine Ohrfeige verpasst, war so ein typischer, peinlicher Dramaturgenausraster mit dem das Publikum „aufgerüttelt“ werden soll. (Dramaturgie: Sergio Morabito). Der Zirkusdirektor des Matthäus Schmidlechner ist im Bühnenaktionismus des dritten Aktes untergegangen, musste er seine Rede doch viel zu schnell herunterrasseln, so dass ihm jede Chance genommen wurde, diese Szene mit individuellem Humor auszuspielen. Ilia Staple war eine gut passende, von der Regie verzeichnete Esmeralda.

Fazit: Die Stimmung im Haus war den ganzen Abend über wenig enthusiasmiert. Beim Schlussapplaus gab es viele Buhrufe für das Regieteam, bei insgesamt rund zehn Minuten langem Beifall. Der Abend dauerte inklusive einer Pause knapp über drei Stunden.