MOZART UND SALIERI
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Rimsky-Korsakov-Portal

Konzerthaus
16.Juli 2003
Konzertante Aufführung

Dirigent: Vladimir Spivakov

Russisches National Orchester

Salieri - Sergei Leiferkus
Mozart - Dmitry Kortchak


"Handy-Mord"
(Dominik Troger)

„Mozart und Salieri“ gaben sich im Konzerthaus ein Stelldichein. Den musikalischen Giftmord, den Rimsky-Korsakov komponiert hat, konnte auch ein nervöses Handyläuten, mitten in die Schlusstakte hinein, nicht verhindern.

Freilich, man könnte sich da eine hübsche Geschichte ausdenken: Es spielt „Mozart und Salieri“, Salieri erlebt eben seinen Triumph, Mozart ist gegangen, er hat das Gift getrunken und fühlt sich nicht besonders wohl. Plötzlich läutet das Handy in der Tasche, das man aus irgendeinem Grund vergessen hat abzudrehen. Panisch zieht man es heraus, mechanisch nimmt man das Gespräch entgegen: „Hier Mozart Ihro Gnaden...“ Aber das wäre ja reinster Spiritismus.

Jedenfalls bewahrte Sergei Leiferkus als Salieri kühlen Kopf und ließ sich in seinem pathetischen „Auf-die-Knie-sinken“ nicht stören, während nach zweimaligem Läuten entweder Mozart die Lust verlassen hatte, gegen dieses Werk zu protestieren oder von dem/der Handybesitzer(in) mit zittrigen Fingern und hoffentlich peinlichst berührt der „Aus“-Knopf betätigt worden war.

Die angedeutete szenische Umsetzung im rechten Teil des großen Konzerthaus-Podiums beschränkte sich auf einfachste Mittel, und war vielleicht gerade deshalb so bestechend. Ein Tisch, zwei Stühle, was Trinkbares, worin das Gift verschwinden kann, eine Cembalo-Attrappe; Mozart und Salieri in einigermaßen zeitgemäßen Rokoko-Kostümen. Den blinden Geiger durfte der erste Violinist des Russischen National Orchesters mimen.

Im Zentrum stand gewiss der Salieri des Sergei Leiferkus, der mit seinem dämonisch überhauchten, kräftigen Bariton keine Wünsche offenließ. Der gäbe einen trefflichen Jago ab, denkt man sich (und er gibt ihn offensichtlich auch ab, aber leider derzeit nicht in Wien). So machte dieser „Salieri“ eminente Lust auf mehr, weil diese Kammeroper, mehr subtilerer Natur, ihn doch nicht so recht aus den Reserven zu locken vermochte. Ein großartiger Sänger jedenfalls, dem man dieses Etikett ohne mit der Wimper zu zucken umhängen darf (gerade weil ja heute mit solchen Begriffen ziemlich inflationär umgegangen wird).

Ihm zur Seite gab ein im wahrsten Sinne des Wortes „blutjunger“ Sänger sein Wien-Debut. Der 1979 geborene Dmitry Kortchak wirkte zwar im spielerischen noch ein wenig befangen, aber wer wollte ihm darob Gram sein. Stimmlich jedenfalls mag er zurecht als eines der größten Sängertalente Russlands gelten. Sein Tenor hat noch eine gewisse jugendliche Sprödigkeit, wird im Volumen noch zulegen, erwies sich aber trotzdem schon als eigenständig und so weit gereift, dass man ihm gerne zu folgen bereit war. Er weckte Erinnerungen an jene schwermütige, sehnsuchtsvolle Leidenschaft slawischer Gesangeskunst, die sich oft um einen klaren, festen Kern entwickelt. Diese Kombination – hier der erfahrene Sergei Leiferkus, da der sehr junge Dmitry Kortchak – war in Anbetracht des gegebenen Werkes – hier der ausgefuchste Salieri, da der naiv-geniehaft gezeichnete Mozart – auf jeden Fall überzeugend. Viel Applaus.

Vor der Pause hatte das Publikum Gelegenheit, die musikalischen Charaktere Salieris und Mozarts ein wenig kennenzulernen. Dabei war die ausgewählte Salieri-Symphonie („Il giorno onomastico“) nicht unbedingt das beste Beispiel (Salieri hat sich auf die „Oper“ besser verstanden), und wurde auch mit einer gewissen Nachlässigkeit heruntergespielt. Da zeigte sich wohl auch orchesterseitig, wie dieses meint, dass man das Werk einzuschätzen habe. Bis auf den vierten Satz, der ein paar ganz pointierte Wendungen enthielt, wurde man auch als Zuhörer nicht fündig. Mozart siegte mit seinem Klavierkonzert d-Moll, KV 466, inklusive Oleg Maisenberg als illustrem Solisten, jedenfalls durch K.O. in der ersten Runde – ganz im Gegensatz zur Handlung der einaktigen musikhistorischen Reminiszenz von Rimski-Korsakov.