THREE TALES
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Museumsquartier Halle E / Wiener Festwochen
14.5.2002
(Premiere 12.Mai)

Musik: Steve Reich
Video: Beryl Korot

Dirigent - Bradley Lubmann
Orchester - Ensemble Modern
Regie & Bühnenbild - Nick Mangano

Sopran 1 - Amanda Morrison
Sopran 2 - Micaela Haslam
Tenor 1 - Gerard O'Beirne
Tenor 2 -
Andrew Busher
Tenor 3 - Phillip Brown


"Dokumentarvideooper"
(Dominik Troger)

"Ich glaube, dass man in der Welt der Oper und des Musiktheaters zusehends mehr mit Sampler und Video arbeiten wird. Das ist ein ehrlicher Ausdruck unseres heutigen Lebens. ‚Zeitloses' Musiktheater hat eigentlich immer die Zeit und den Ort seiner Entstehung reflektiert." Steve Reich im Programmheft zu "Three Tales".

Eine "Dokumentarvideooper" - welch Wortungetüm. Oper? Oratorium? Video-Musical? Die Botschaft war jedenfalls eindeutig: alle huldigen der Technik, und geht es etwas schief, will es keiner gewesen sein.

Teil eins nahm sich basierend auf zeitgenössischem Filmmaterial der Hindenburg-Katastrophe an: das flammende Ende der Luftschifffahrt. Teil zwei widmete sich den Atombombenversuchen der USA im Pazifik, die den Südseetraum vom Bikini-Atoll in eine atomare Speerzone verwandelt haben. Teil drei verschnitt aktuelles Interview-Video-Material betreffend Clone-Schaf Dolly zu einer fast schon predigthaften Absage an die Gen-Technik - und dieser Weg wird sehr geradlinig beschritten, ausgehend von der brennenden Hindenburg über die aufklärerischen US-Armisten, die den Bikini-Insulanern erklären, warum sie ihre Heimat verlassen müssen, bis zu dem "Maschinen"-Menschen propagierenden Gen-Forscher.

Die Ausführenden versammelten sich unter der großen Leinwand, über die das spannungsgelade Videomaterial flimmerte. Natürlich schaute man unentwegt auf die Leinwand, und nahm die im Halbdunklen platzierten Musiker und statisch aufgestellten Sänger kaum wahr - die lieferten gewissermaßen den Soundtrack dazu. Soundtrack ist wohl der passende Ausdruck für diese sehr geläufige, sehr gut auf die Videoeinspielungen abgestimmte Musik, der man aber kein Eigenleben zutraut. Das ganze wird noch um Bandzuspielungen ergänzt und natürlich elektronisch verstärkt. Zwei Schlagzeuge sorgen für die rhythmische Komponente, zwei Klaviere für einen melodischen Kern. Dazu kommen noch ein Streichquartett, zwei Vibraphone, zwei Tenöre, drei Soprane. Das minimalistische Grundkonzept passt ganz gut zu den teilweise auch wiederholten oder in nur leichter Veränderung wiederholten Videosequenzen und erzeugt zusammen mit diesen zumindest eine gewisse Sogwirkung, die die Aufmerksamkeit bündelt und festhält. Zum Bau der Hindenburg, diesem riesigen Metallgerüst, des "Innenskeletts" der Gashülle, erklang sehr hübsch paraphrasiert und dann minimalistisch weitergesponnen Wagner's Schmiedehämmermusik aus dem Rheingold. (Es ist ja immer schön, wenn man etwas findet, dass in einem "Erinnerungen" wachruft.) Im letzten Teil wurden die Interviews stark in das musikalische Konzept einbezogen, durch zerstückelte (dem Wortsinn nach aber verständlich bleibende) Satzteile der Interview-Partner rhythmisiert. Keine Frage, dass sich auf diese Weise der Inhalt so mancher Wortspende auf ironisierende Weise bloßlegen ließ.

Vom Gesamteindruck her erwiesen sich vor allem die Videos als sehr prägnant und beherrschend - hinterlegt mit einer akustischen Kulisse, die auch ganz anders hätte klingen können. Eine zwingende und sehr wirkungsmächtige Verbindung von Musik und Video ergab sich für mich nur bei der (von Reich gewollten oder ungewollten?) Wagner-Assoziation.

Ausverkauft war sie nicht, die E-Halle des Museumsquartiers, aber sehr gut gefüllt und kräftiger Applaus nachher. Die Vorstellung dauerte rund eine Stunde.