THE TELEPHONE / LA VOIX HUMAINE
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Theater an der Wien
19.2. 2013
Konzertante Aufführung

Dirigent: Stefan Vladar


Wiener KammerOrchester

The Telephone:
Lucy - Jennifer Davison
Ben -
Klemens Sander

La voix humaine:
Eine Frau - Angelika Kirchschlager


Themenabend Telefon “
(Dominik Troger)

Das Telefon stand im Mittelpunkt zweier Einakter, die im Theater an der Wien über die Bühne gingen: „The Telephone“ von Gian Carlo Menotti und „La voix humaine“ von Francis Poulenc.

Der 1. Satz der Sinfonietta FP 141 von Poulenc aus dem Jahr 1948 war ein „süffiger“ Einstieg in diesen Abend und leitete mit Esprit zu Gian Carlo Menottis komödiantischer Kurzoper „The Telephone, or Làmour à trois“ über.

In dieser kurzen Oper auf ein selbst verfertigtes, englischsprachiges Libretto thematisiert Menotti humorvoll den (unheilvollen) Einfluss des Telefons auf die zwischenmenschliche Kommunikation: Ben möchte knapp vor seiner Abreise der viel telefonierenden Lucy noch etwas Wichtiges sagen, aber er kommt nicht dazu, weil Lucy dauernd am Hörer hängt. Schließlich will er in einem unbemerkten Augenblick sogar das Telefonkabel kappen, aber diesen „Mordanschlag“ kann Lucy verhindern. Schon ziemlich entnervt hat Ben eine geniale Idee: Er verlässt das Haus und ruft von einer Telefonzelle aus bei Lucy an. Jetzt kann er ihr endlich einen Heiratsantrag machen.

Obwohl im Programmheft als konzertante Aufführung angekündigt, ging der Vorhang auf: Jennifer Davison (Lucy) und Klemens Sander (Ben) sangen und spielten die Oper szenisch in den Kulissen von „Le Comte Ory“ (im behaglichen Wohnzimmer von Comtesse Adèle, um genau zu sein). Die Ausstattung passte stilistisch, lässt man hier den Rossini doch in den frühen 1960er-Jahren spielen. Sogar das schwarze Wählscheibentelefon verströmte „originales“ Flair. Die Handlung von „The Telephon“ ist relativ „zeitlos“ im Nachkriegsamerika angesiedelt. Die Uraufführung fand 1947 in New York statt. Menotti hat das Stück als „heiteres Intermezzo“ für seine Oper „The Medium“ komponiert.

In der Pause war zu erfahren, dass die szenische Umsetzung kurzfristig beschlossen worden war. Man hatte während der Proben entdeckt, dass das Bühnenbild einen idealen Rahmen abgeben würde. Jennifer Davison und Klemens Sander packten ihr schauspielerisches Talent aus und warfen sich ins Geschehen. Nicht immer braucht es einen Regisseur! Jennifer Davison versah dank ihrer Herkunft von jenseits des „großen Teiches“ die Figur der Lucy zusätzlich mit echt amerikanischem Flair. Das passte stimmlich und optisch perfekt – und das Publikum war amüsiert und entzückt zugleich.

Nach der Pause erklang die menschliche Stimme von Angelika Kirchschlager in „La voix humaine“. Die Bühne war wieder offen, aber Kirchschlager hatte Noten mitgebracht. Die Aufführung war konzertant, aber mit Kulisse, die man etwas abgedunkel hatte. Eine dreiviertel Stunde lang wurde man Zeuge eines intensiven Beziehungsdramas, bei dem eine Frau mit ihrem verflossenen Geliebten telefoniert. Als „Monodram“ hat das Stück Ähnlichkeiten mit Schönbergs „Erwartung“, wirkt aber viel realer und aus dem Leben gegriffen.

Poulenc entwickelte für dieses Werk ein „Parlando der Hysterie“, das in die Abgründe eines Beziehungsdramas blickt. Am Schluss bricht die Frau zusammen, oder sie erdrosselt sich, das Telefonkabel mit der Stimme ihrer verflossenen Liebe um den Hals gelegt. Das Libretto stammt von Jean Cocteau.

Angelika Kirchschlager sang mit starker Intensität, ohne die Gefühle „überexpressiv“ darzustellen: Eine Frau an der Kippe ihrer Existenz, die eine dreiviertel Stunde lang mit ihrem vergeblichen Ringen um Liebe und Mitgefühl das Publikum in Atem hielt. Poulenc hat die Partie für die Sopranistin Denise Duval komponiert. Wenn man Tonträgern trauen darf, dann klang es bei Kirchschlager ein wenig dunkler und reifer in der Empfindung.

Was durch die Konzertsituation etwas übergangen wurde, war das spannungsfördernde Spiel mit kurzen Pausen, die den Sprachfluss unterbrechen – etwa durch das Hineinhören in den Apparat und das Achten auf die Stimme des Gesprächspartners oder wenn die Verbindung unterbrochen wird. In einer szenischen Situation ergeben sich diese feinen Gliederungen zum Teil automatisch, wenn frau zum Beispiel die sparsamen Szenenanweisungen umsetzt. Etwa: „Sie legt auf und wird fast ohnmächtig.“ Oder: „Sie geht auf und ab und seufzt aus Kummer.“ Oder : „Sie schlingt sich die Telefonschnur um den Hals.“

In einem Interview in der Tageszeitung Kurier hat Angelika Kirschlager gemeint: „Männer sind manchmal schwer zu verstehen, weil sie unerwartet einfach gestrickt sind. Frauen sind nicht kompliziert, sondern komplex.“ Ein bisschen etwas über diese Komplexität erfährt mann in „La voix humaine“.

Stefan Vladar sorgte mit dem Wiener KammerOrchester für eine eher „füllig-klassische“ und weniger „modern- kantige“ Umsetzung, stellenweise eine Spur zu laut. Das Theater an der Wien war für zwei „moderne“ Einakter einigermaßen gut besucht, auf den Rängen gab es noch viele leere Plätze.

Fazit: Ein gelungener Abend und viel Applaus für alle Beteiligten.