MARIA DE BUENOS AIRES
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Kammeroper
12. 2. 2024
Premiere

Inszenierung: Juana Inés Cano Restrepo
Bühne: Anna Schöttl
Kostüm: Lena Weikhard
Licht: Franz Tscheck
Choreografie: Sabine Arthold

Ensemble folksmilch
Musikalisches Arrangement: Christian Bakanic

Maria - Luciana Mancini
Payador - Jorge Espino
Duende - Daniel Bonilla-Torres

Tänzerin - Theresa Barborik
Tänzerin - Anna Bauer
Tänzer - Achim Himmelbauer
Tänzerin - Anna Reeves



Tango-Lyrik

(Dominik Troger)

Das MusikTheater an der Wien hat sich in der Kammeroper im Februar dem Tango verschrieben. Zur Aufführung gelangt „Maria de Buenos Aires“ von Astor Piazzolla.

Wien und Buenos Aires – da liegt viel Meer dazwischen. Und über den Tango ist man(n) vor allem in der Tanzschule „gestolpert“. Aber wahrscheinlich sehe ich das zu einseitig. Die Welt ist in den letzten Jahrzehnten bekanntlich viel globaler geworden und „zusammengewachsen“.

Im Programmheft zur Aufführung findet sich für Piazzollas Musiktheaterstück die Bezeichung „szenischer Liederzyklus“ – und das beschreibt diese „Tango Operita“ viel besser. Es gibt wenig greifbare Handlung, aber viel poetische Lyrik, die inhaltlich um eine Frau namens Maria, um die Stadt Buenos Aires und um den Tango kreist. Dazu gesellt sich eine starke religiöse Komponente, wie eine in Poesie brüchig ausfasernde Heiligenlegende, wie eine in Bruchstücken überlieferte Apokryphe: Maria, aufgewachsen und verstorben in der Gosse – und wiederaufstanden als „Schutzmantelmadonna“ des Tangos?

Piazzolla und sein Librettist Horacio Ferrer haben um den Tango einen „Mythos“ gebaut, bilderreich, vielschichtig, sozialkritisch, ironisch, von diesem „Lebens-Tanz“ besessen und zugleich ihm ausgeliefert von der Geburt bis zum Tod. Die Uraufführung fand 1968 statt, es folgten weitere Überarbeitungen. Und das Publikum hatte offenbar schon damals mit dem poetisch-verrätselnden Text seine liebe Not. Aber die Musik hält alles zusammen, weckt „Romantizismen“ und „Leidenschaften“ – und die Länge mit eineinhalb pausenlosen Stunden ist wohl abgemessen.

Die Aufführung in der Kammeroper wird vor allem von der Musik getragen. Das Arrangement des aus vier Musikern bestehenden Ensembles folksmilch (Akkordeon, Violine & Mandola, Kontrabass & Percussion, Klavier) und sein intensives Spiel bildeten die Grundlage, auf der Luciana Mancini als Maria, Jorge Espino als Payador und Daniel Bonilla-Torres als Duende mit ihre ansprechenden Solonummern und Stimmen reüssierten. Trotz einer gewissen musikalischen Gleichförmigkeit und einer über weite Strecken von der Librettolyrik und Tango-Poesie uninspiriert wirkenden Inszenierung hat sich bei mir dann doch keine Langeweile eingestellt.

Regisseurin Juana Inés Cano Restrepo wollte laut Interview im Programmheft sozialkritisch und femizidaufdeckend sein, deshalb deutet das Bühnenbild einen Gerichtssaal an. In ihm wird der „Kriminalfall“ Maria verhandelt. Die Figuren des Payador und des Duende agieren als Juristen. Später öffnet sich der Hintergrund und gibt den Blick auf die aufgebahrte Maria frei. Dazu gesellten sich ein paar seltsame Zugaben wie die außerirdischen „Engel" mit weißen, runden Helmen oder die als Fernsehshow dargestellte „Psychoanalyse". Bedrohlich kuschelig und ein phantasievoller Einfall: die großen, zudringlichen „Raupen-Bandeons“, mit denen Maria tanzt.

Die braunen Anzüge der Protagonisten konnte man als Anspielungen auf eine faschistoide Gesellschaft (Militärdiktatur) deuten. Die vier Musiker traten am Beginn wie ein abgefeimter Schlägertrupp auf, der Maria entführen möchte. Aber Maria durfte sich von weißer Bluse und Jeans sogar in ein dunkelgelbes Kleid verpuppen wie in einen „Schmetterling“. Das hellte die Bühne und die desillusionierende Inszenierung etwas auf. Die kurzen Tanzeinlagen waren von jeder „Tango-Erotik“ gesäubert.

Der minutenlange Beifall im kleinen Saal der Kammeroper war stark. Die angesetzten Vorstellungen sind laut Homepage bereits vor (!) der Premiere ausverkauft gewesen – und es wird mit Mikroports gesungen.