DIE BERNAUERIN
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Carl Orff

Wiener Volksoper
18.1.1998
(Premiere 20.12.1997)

Musikalische Leitung: Kirill Petrenko

Inszenierung: Thomas Langhoff
Bühnenbild: Peter Schubert
Kostüme: Joachim Herzog

Albrecht - Tobias Moretti
Agnes Bernauer - Sunnyi Melles
Der Ansager - Kai Peterson
Badegäste - Marian Pop, Josef Luftensteiner
Tenorsolo - Sebastian Reinthaller
Ein Mönch - Jürgen Holtz
Kanzler - Erich Auer
Stimme vom Himmel - Olga Schalaewa
u.v.a.


"Bayrische Nationaloper"
(Dominik Troger)

Die Bernauerin behandelt das traurige Schicksal von Agnes Bernauer, Tochter eines Badestubenbesitzers, Geliebte und (wahrscheinlich auch Gemahlin) Herzog Albrecht III, die 1435 den politischen Machtspielen der Wittelsbacher zum Opfer fiel. Orff wurde zu diesem Werk einerseits durch Hebbel's Drama angeregt, andererseits durch die Beschäftigung mit der bayrischen Mundart, deren Musikalität er an einem entsprechenden Stoff zum Leben erwecken wollte.

Allzuoft wird einem diese "bayrische Nationaloper" ja nicht gerade begegnen, und vielleicht ist Wien schon um ein paar hundert Kilometer zu weit vom "bayrischen Kulturraum" entfernt, um als idealer Aufführungsort gelten zu können. Interessant war die Begegnung mit diesem kurz nach dem Zweiten Weltkrieg uraufgeführten Werk (1947) auf jeden Fall. Zwar ist die "Bernauerin"ein Stück, in dem für eine Oper zuviel geredet und für ein Theaterstück zu viel musiziert wird, in Summe macht das aber durchaus eine reizvolle und - vor allem im zweiten Teil - auch dramatische Wirkung. Woran man sich allerdings zuerst Mal gewöhnen muss, dass ist das von Orff für die "Bernauerin"kreierte "Ur-Bayrisch", das in der Volksopernproduktion nicht allen Darstellern so leicht von der Zunge ging. Da leuchtete so manche Wiener Vokalisierung heraus, wie wenn einem von der Bühne ein Scheinwerferstrahl anflöge.

Die Aufführung hatte überhaupt ihren ganz besonderen Reiz, weil Tobias Moretti (alias "Fernsehkommissar Rex") den Herzog Albrecht spielte - und man als Zuschauer in der ersten Viertelstunde zumindest mit einem stärkeren Glaubwürdigkeitsproblem zu kämpfen hatte. Ihm zur Seite als bedauerungswürdige Agnes Bernauer stand Sunnyi Melles. Auch bei ihr machte sich ein gewisses dramatisches Defizit bemerkbar. Aber es reichte für einige packende und poetische Momente. Weil nun Albrecht und Agnes die Hauptfiguren des Stückes sind - neben einigen tragenden und sehr gut realisierten Chorszenen - wurde man als Zuschauer kaum aus seinem Beobachterstatus herausgerissen. Und dieser Beobachterstatus begegnete dem Ganzen doch mit einer gewissen Skepsis angesichts dieses oratorienhaften Operntheaters. Man machte sich also auf die Suche nach zündenden musikalischen Einfällen und wurde auch da und dort fündig.

Da bleibt einem beispielsweise die Szene mit den Münchner Bürgern am Biertisch in Erinnerung. Wobei der Einleitungschor mit liebeswürdiger Charakteristik die etwas dumpfe Atmosphäre eines solchen Umtrunks ins musikalische transponiert - samt der Biederkeit der dazugehörenden Köpfe. Beeindruckend die Volksverhetzung des fanatischen Mönches im zweiten Teil "Garrit gallus..." beeindruckend - auch von der Umsetzung - viele Chorpassagen, die ganz die Orff'sche Rhythmik atmen. Aus ihnen brodelte die eigentliche Dynamik des Stückes heraus, die einen auch immer wieder in die Handlung zurückzwang - ein Vorzug, der den beiden Hauptdarstellern - wie schon angemerkt - nicht zu eigen war. Das Orchester wahrte seine Aufgabe als eine Art von "Schauspielmusik", konnte aber einen etwas dumpfen, breiigen Klang nicht verleugnen.

Die Inszenierung von Thomas Langhoff, das Bühnenbild von Peter Schubert und die Kostüme von Joachim Herzog schufen ein historisierendes Ambiente, das die im Volk schlummernde Gewalttätigkeit in eine durchaus gelungene Chorchoreographie integrierte - plus ein wenig nacktem Fleisch in der Badeszene. Dafür wurden aber bei Albrecht und Agnes um so weniger Akzente gesetzt, und damit blieb der zentrale Mittelpunkt eigentlich ausgespart, um den das Werk kreisen sollte. Möglicherweise ist das auch einer der Gründe, warum man am Schluss nicht so recht an die Bühnenwirksamkeit des Stückes glauben wollte.