EMMA DI RESBURGO
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Konzerthaus
7.11.2010
Konzertante Aufführung

Dirigent: Andreas Stoehr

moderntimes_1800, Kammerorchester
Wiener Singakademie, Chor

Emma - Simone Kermes
Edemondo- Vivica Genaux
Norcesto - Thomas Walker
Olfredo - Manfred Hemm
Donaldo - Martin Vanberg
Etelia - Lena Belkina


„Nach der Mode komponiert“
(Dominik Troger)

Giacomo Meyerbeer hat nicht nur französische Opern komponiert. Einen seiner jugendlichen Versuche, italienische Oper im Stile Rossinis zu schreiben, konnte man jetzt in einer konzertanten Aufführung des Wiener Konzerthauses erleben.

„Emma di Resburgo“ heißt das Stück – eine Kriminalgeschichte aus dem alten England. Roger von Lanark wird in seinem Schloss ermordet aufgefunden, sein Sohn Edemondo neben ihm, den blutigen Dolch noch in der Hand. Selbstverständlich ist der Sohn nicht der Mörder, aber dann könnte man keine dreistündige Oper darüber komponieren. Und überraschender Weise geht die Geschichte für Edemondo sogar gut aus, zusammen mit Gemahlin Emma und seinem kleinen Sohn wird er rehabilitiert. Der Mörder war nämlich ... aber das soll jetzt wirklich nicht verraten werden.

Meyerbeer hat diesem Stoff eine Musik unterlegt, die schwer nach Rossini klingt und hin und wieder einen gewissen „nordischen Einschlag“ nicht verleugnet. (1819 in Venedig uraufgeführt, kann man Meyerbeer schwer vorwerfen, dass er für ein italienisches Publikum nicht nach der „neuesten Mode“ komponiert hat.) Doch das Resultat klingt – in Bezug auf Rossini – doch zu austauschbar und unpersönlich. Der Blick zurück „schärft“ hier wohl die Ohren mehr, als es den Zeitgenossen Meyerbeers möglich gewesen wäre. Neben einer etwas verunglückten, nicht enden wollenden Ouvertüre, die versucht, Rossini zu kopieren und dem ganzen ein hochtrabendes „tragödisches“ Mäntelchen umhängt, bleiben vor allem einige Bravourstückchen für die Rollen der Emma und des Edomondo in Erinnerung, die mit hübschen Melodien und reich verziert aber trotzdem nicht so „abheben“ wie das Rossini’sche „Original“. Der zweite Teil ist, für meinen Geschmack, musikalisch der eindeutig bessere, auch weil hier die dramatische Zuspitzung – eine Gerichtsszene mit Todesurteil und lange herbeigesehnter Aufklärung – gute Wirkung macht. Der erste Teil hingegen leidet unter einem gewissen Trägheitsmoment.

Etwas eigenwillig war die Umsetzung unter Andreas Stoehr mit dem Ensemble moderntimes_1800 und dem Anspruch eines „originalen“ Klangbilds. Für diese Epoche ist man als Zuhörer ein homogeneres Spiel gewöhnt – und auch sicherere Instrumentalisten. In der Ouvertüre beispielsweise ging bei den Holz- und Blechbläsern zuviel daneben, als dass man es noch hätte überhören können.

Den Abend „getragen“ haben Vivica Genaux als Edemondo und Simone Kermes als Emma. Beide brachten die verzierungsgespickten Partien stimmlich sehr gut zu Geltung, Genaux mit etwas leiser Stimme – das Konzerthaus schien ihr schon um eine Spur zu groß. Simone Kermes war in einer Garderobe erschienen, mit der sie bestens eine der bösen Stiefsschwestern „Cenerentolas“ hätte mimen können, dazu trug sie einen roten, auffrisierten Haarschopf als leuchtendes Tüpfelchen auf dem sprichwörtlichen „i“. Die vom Schicksal schwergeprüfte Emma war hinter dieser bauschigen, galareifen Gewandung schwer auszumachen – aber im Grunde war das auch egal. Man genoss die spritzige Leichtigkeit ihres Vortrags, an den „Meyerbeer“ dachte dabei wohl kaum jemand mehr.

Die Herren fielen gegenüber den Damen etwas ab. Thomas Walker als Norcesto ließ einen für meinen Geschmack zwar belcantest geführten, aber im Timbre zu trockenen Tenor hören. Manfred Hemm durfte als Olfrede mit einem hübsch und stimmig vorgetragenen Morgenlied die Handlung eröffnen. Lena Belkina (Etelia) und Martin Vanberg (Donaldo) waren vor allem Stichwortgeber.

Der Konzerthaussaal war weniger gut besucht als üblich. Der Abend dauerte um eine Stunde länger (!!), als im Programmheft angegeben. Der starke Schlussapplaus galt vor allem Genaux und Kermes.

Fazit: Ich glaube nicht, dass man das Werk in absehbarer Zeit in Wien wieder aufführen wird. Der nächstmögliche Zeitpunkt ist wohl das Jahr 2064: anlässlich Meyerbeers 200. Todestages.