KLOTHÒ

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MuTh
3. Juli 2017

Dirigent: Berislav Sipus

Regie:
Krzysztof Cichenski
Bühne & Kostüme:
Julia Kosek
Choreographie:
Dina Dehni Sow

Opera Orchestra of the Croatian National Theatre

Eine Produktion des kroatischen Nationaltheaters
Kooperation des Armel Opera Festival
s und der Music Biennale Zagreb

Reó - Ingrid Haller
Athuö - Ivana Srbljan
Élles - Karol Bartosinski
Vári - Marko Fortunato
Shá - Nicolas Rigas

Erzähler - Dario Bercich (Schauspieler)
Klotho - Dina Dehni Sow (Tänzerin)


Rätselhafter Märchenfaden

(Dominik Troger)

Der Schlusstag des Armel Opera Festivals im MuTh galt der Oper „Klotho, The thread of the tales“ („Der Märchenfaden“) der jungen polnischen Komponistin Martyna Kosecka, die auch das englische Libretto verfasst hat.

Die Idee hinter „Klothò“ ist die Verknüpfung von Märchen zu einer rund eineinhalb Stunden langen Oper. Ein Erzähler führt durch diesen einaktigen Geschichtenreigen, in den sich Klothò (eine der griechischen „Nornen“, dort Moiren genannt, die den Lebensfaden spinnen), laut Programmheft, immer mehr verstrickt. Klothò ist als Tanzrolle konzipiert. In diesem Fall war die Choreographie mythenverstärkend dem indischen Tanz nachempfunden.

Eine zentrale Figur dieses Einakters bildet der mit magischen Kräften ausgestattete, böse König Sha, dem langweilig ist, und der beschließt den Menschen eine Aufgabe zu stellen, die niemand erfüllen kann. Er wünscht sich eine Glocke „reinsten Klangs“. Ein Fischer und ein Schneider – von ihren Ehefrauen gewarnt – stellen sich der Aufgabe, scheitern, begeistern den König schließlich mit einer Glocke aus Papier, die gar keinen Klang erzeugt. Um diesen „Geschichtenkern“ ranken sich weitere, mythologisch angehauchte Erzählungen. Im Finale verkünden die Tag- und Nachtelfen (die als kleiner Chor in Frauen- und Männerstimmen geteilt sind), dass die Zeit gestorben ist. Der Erzähler bittet mit seinen letzten Worten Klothò, die „Weisheit“ nicht sterben zu lassen.

Kosecka wollte offenbar einen „Märchenfaden“ mit ihrer Oper spinnen. Aber dieser Faden verwirrt sich bald, weil die Handlung keine klare Struktur aufweist. Übrig bleibt diese Glockengeschichte, die über mehrere Szenen einigermaßen linear erzählt wird. Verschärfend kommt hinzu, dass Kosecka das Orchester unter Dauerspannung setzt. Die Musik forcierte sich durch den Abend, mit grellen Bläsereinsätzen, bedrohlichem Schlagwerk und vielen lauernden Streichertremoli und Glissandi sowie Klangflächen, die ein wenig an „spacige“ Soundarrangements aus den 1970er-Jahren erinnerten.

Das hinterließ zugleich einen kraftvollen und einen ermüdenden Eindruck – und für den Saal im MuTh war es auch in der Lautstärke immer wieder eine Herausforderung. Selbst bei ruhigeren Passagen herrschte meist eine leichte Grundaggressivität, die keine Entspannung zuließ. Das Orchester fungierte dabei offenbar als atmosphärischer und kommentierender Hintergrund, während die Singstimmen in einem vorwärtsdrängenden Sprechgesang die narrative Ebene des Märchens verkörperten, selbst Geschichten erzählten, aber genauso selbst Teil einer Geschichte waren. Dieses raue und kantige musikalische Terrain erlaubte es einem als Zuhörer kaum, emotional verträgliche Landepunkte zu finden – und die Aufführung glich einem eineinhalb Stunden langen Flug durch eine Schlechtwetterzone, bei dem man dann froh ist, angekommen zu sein – egal wo.

Das Bühnenbild wurde von vernieteten metallähnlichen Platten beherrscht – in der Mitte befand sich eine große, runde Projektionsfläche, für „Einspielungen“ – vom schlagenden Herzen bis zu diversen Farbhintergründen, Lichtblitzen etc. Am Beginn war in dieser Projektionsscheibe der Schatten der tanzenden Klothò zu sehen, möglicherweise den Märchenfaden spinnend. Die Inszenierung von Krzystof Cichenski konzentrierte sich vor allem auf die Glockengeschichte, stellte dem König vier Untertanen gegenüber, an ihren Gießversuchen verzweifelnd. Die großen Papierglocken, der Reihe nach aufgefädelt, waren sogar ein hübscher – und versöhnlicher Anblick. Die Komponistin und Librettistin hätte vielleicht auch besser daran getan, sich auf dieses eine Märchen zu fokussieren, die Oper um eine halbe Stunde zu kürzen, und den musikalischen Bogen weniger stark zu überspannen.

Das Engagement der Sänger und Musiker war groß und verdient Hochachtung. Sie haben die Aufführung konsequent durchgezogen. Für eine detailliertere Kritik wäre aber ein nochmaliges Hören ratsam. Die Sängerbesetzung ist mit einem Countertenor (Élles) und Alt (Athuö) reizvoll gewählt, dazu kommen noch ein Tenor (Vári) und Sopran (Reó). Sopran und Alt erzählen jeweils ein Märchen und hätten hier die Möglichkeit solistisch zu glänzen und das Publikum mitzunehmen, aber diese Chance hat die Komponistin nach meinem Eindruck verschenkt. Der König hebt sich als Bassbariton deutlich von seinem „Volk“ ab. Der Schlussapplaus im schütter besetzten Saal plätscherte freundlich.

Auch wenn dieser letzte Abend – zumindest mich – kaum zu begeistern vermochte, war das Armel Opera Festival ein gelungener Saisonabschluss. Bitte mehr davon!

PS: Die Übertitelanlage hat zeitweise nicht richtig funktioniert, und der projizierte deutsche Text hatte viele orthografische Fehler.