HÁRY JÁNOS

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Konzerthaus
28.5.2007
Konzertante Aufführung

Dirigent: Adam Fischer

Chor des Ungarischen Rundfunks
Kinderchor des Ungarischen Rundfunks
Orchester des Ungarischen Rundfunks

Háry János - Béla Perencz
Örzse - Judit Németh
Der alte Marczi - Sándor Sólyom-Nagy
Kaiserin - Judit Geötz
Marie Louise - Ildikó Cserna

Nachbarn auf Besuch
(Dominik Troger)

Háry János hat nach vielen Jahren wieder einmal Wien besucht. Im Rahmen einer konzertanten Aufführung im Konzerthaus konnte man dem liebenswürdigen Aufschneider begegnen, der nach bestandenen Abenteuern die Idylle seiner ungarischen Heimat einem Leben am Wiener Kaiserhofe vorzieht.

Doch, da sich der konzertante Opernzyklus im Konzerthaus wieder einmal mit einer Staatsopernpremiere duelliert hat (diesmal „Háry János“ gegen „Boris Godunow“), scheint es zu allererst angebracht, die Verantwortlichen zu bitten, in Hinkunft solche Terminüberschneidungen zu vermeiden...

Háry János ist jedenfalls ein lustiger, aber auch ein sentimentaler Kerl, und Zoltán Kodály hat seinem Husaren einen Maßanzug aus Folklore und Spätromantik geschneidert, der rührend und effektvoll, manchmal fast ein bisschen bösartig (wird da nicht Napoleon als „Fafner" mit tiefen Blechklängen eingeführt?), seine Wirkung nicht verfehlt. Außerdem spürt man beim Zuhören, dass hier mehr mitschwingt, als nationale Liebhaberei. Der erhebliche territoriale Verlust nach dem ersten Weltkrieg und dem Scheitern einer habsburgischen Restauration ließ damals auch in Ungarn Sehnsüchte nach der „guten alten Zeit" aufkommen, und Háry János bläst als Antwort auf die krisenhafte Gegenwart zum Rückzug auf die heimatliche Scholle.

Mitteleuropäischen Ohren klingt die Musik sehr vertraut – auch das Sujet. Sonnt man sich doch gerne im fremdenverkehrsmäßig aufpolierten Glanz der Doppelmonarchie, aus deren kulturellen Leistungen nicht nur Wien touristische Anziehungskraft zieht. Kodály, bei allem Sinn für magyarisches Brauchtum, schöpft genauso aus dieser Quelle eines eigenen, großen Kulturraums, der über Jahrhunderte seine Identität bewahrt hat, vor allem gespeist aus dem mediterranen Süden und von den slawischen Nachbarn und den steppenbewohnenden Ungarn. Erst das 20. Jahrhundert hat hier die Perspektiven deutlich verschoben.

Der Singspielcharakter des Werkes birgt allerdings die Problematik, dass es eines verbindenden erzählerischen Rahmens bedarf, für den bei dieser konzertanten Aufführung eine deutsche Textbearbeitung (Christian Lackner) sorgte. Mit Ulrike Beimpold und Florentin Groll standen zwei SchauspielerInnen zur Verfügung, die mit der sprachlich-kreativen Art des österreichisch/süddeutschen Sprachraums wendig die Rollen zu wechseln im Stande waren: vom nasalen Schönbrunnerdeutsch bis zum französischen und natürlich zum ungarischen Akzent. Diese Auflockerung war gut gemacht, manchmal sogar richtig witzig und im Kern von jener subversiven Art, die auch den Prahlereien eines Háry János eigen ist. Der gute Kerl verschiebt im Dienste der Obrigkeit nicht nur ein Grenzhäuschen, ganz einfach so, sondern fängt sich auch Napoleon. Aber die Tochter der Kaiserin verschmäht er doch und hält seiner Örsze die Treue.

Musikalisch sorgte Adam Fischer für eine belebte Aufführung, etwas „plakativ“, mit robustem Zugriff auf die dramatischen Akzente, aber auch mit Gespür für die leicht kitschig-rührselige Heimatromantik. Er wurde vom Chor des Ungarischen Rundfunks, dem Kinderchor des Ungarischen Rundfunks und dem Orchester des Ungarischen Rundfunks bestens unterstützt. Bei den Solisten zeigten vor allem Béla Perencz (Háry János ), Judit Németh (Örzse) und Ildikó Cserna (Marie Louse) ihre Qualitäten

Das Publikum dankte den ungarischen Gästen mit viel Applaus.